ALK-Gen

Schlankmacher-Gen – Mutation beschleunigt die Fettverbrennung

Robert Klatt

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Schlanke Menschen besitzen häufig eine Mutation des ALK-Gens, die die Fettverbrennung beschleunigt. Die neuen Erkenntnisse sollen in Zukunft zur Entwicklung von Therapien gegen Adipositas eingesetzt werden.

Wien (Österreich). Übergewicht wird vor allem durch die individuelle Ernährung und Lebensweise beeinflusst. In den letzten Jahren konnte die Wissenschaft unter anderem nachweisen, dass ein hoher Anteil stark verarbeiteter Lebensmittel aber auch ein Fokus auf Schnäppchen beim Einkauf Faktoren sind, die die Entstehung überschüssiger Pfunde begünstigen. Außerdem wurden mehr als 700 Mutationen identifiziert, die neben weiteren körperlichen Veränderungen wie einem schwachen Immunsystem für Übergewicht sorgen. 

Gemeinsam verursachen alle bekannten Genvarianten allerdings nur eine Abweichung von der individuellen Spannbreite des Körpergewichts von zwei bis drei Prozent. In der Medizin herrscht deshalb die Ansicht, dass noch weitere, unbekannte genetische Einflussfaktoren existieren müssen, die die Entstehung von Übergewicht begünstigen.

Studie mit 47.102 Probanden

Wissenschaftler des Instituts für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (IMBA) um Studienleiter Michael Orthofer haben im Fachmagazin Cell Press nun eine Studie vorgestellt, die nach genetischen Gemeinsamkeiten besonders schlanker Menschen gesucht hat. Gewählt wurde dieser Ansatz, wie Josef Penniger erklärt, weil Übergewicht und dessen Genetik bereits von vielen Wissenschaftler erforscht werden, während Schlankheit eher vernachlässigt wird.

Die Wissenschaftler der IMBA haben in ihrer genomweiten Assoziationsstudie (GWAS) dazu Gendaten von 47.102 Probanden zwischen 20 und 44 Jahren ausgewertet, die sie aus estnischen Biobank erhielten. Verglichen wurde das Erbgut der Probanden mit einem dauerhaften Body-Mass-Index (BMI) von unter 18, was einem deutlichen Untergewicht entspricht, mit normal- und übergewichtigen Probanden.

Häufige ALK-Gen-Mutation über Untergewicht

Dabei entdeckten die Wissenschaftler bei sehr schlanken Probanden häufig eine Mutation des ALK-Gens, die die Genfunktion einschränkt oder komplett blockiert. Bisher war lediglich bekannt, dass dieses Gen den Plan für die Anaplastische Lymphom-Kinase speichert. Es handelt sich dabei um ein Protein aus der Familie der Insulin-Rezeptoren, das bei unterschiedlichen Krebsarten mutiert.

Laut Orthofer „wurde ALK deshalb im Zusammenhang mit Krebs intensiv untersucht, aber über die biologische Rolle dieses Gens außerhalb dieses Kontexts ist bislang nur wenig bekannt.“ Die Studienautoren untersuchten deshalb, ob und wie das Gen den Stoffwechsel und das Körpergewicht beeinflussen kann.

Mutation verstärkt Fettverbrennung

Versuche mit Mäusen, deren ALK-Gen ab der Geburt deaktiviert war, zeigen, dass bei gleicher Bewegung und der gleichen Futtermenge die Tiere schlanker bleiben als ihr Artgenossen ohne diese Mutation. Dies wird besonders bei einer fettreichen Ernährung deutlich, die bereits nach wenigen Wochen dafür sorgt, dass der Körperfettanteil der Mäuse ohne Mutation um 50 Prozent über den Tieren mit der Mutation des ALK-Gens liegt.

Verursacht wird dies dadurch, dass die Mutation des ALK-Gens einen Anstieg von freien Fettsäuren im Blutplasma sorgt, was ein Hinweis für eine stärkere Fettverbrennung ist. Außerdem fanden die Wissenschaftler Indizien dafür, dass Noradrenalin, ein Hormon zur Anregung des Fettstoffwechsels, bei den Mäusen mit der ALK-Gen-Mutation verstärkt auftritt. Laut Orthofer führt dies dazu, dass „die Tiere selbst bei fettreicher Ernährung dünner bleiben.“

Behandlung von Adipositas

Laut Penninger „ist es durchaus realistisch, auch beim Menschen ALK blockieren oder seine Funktion reduzieren, um zu sehen, ob wir dann schlank bleiben.“ Die neuen Ergebnisse könnten somit zur Entwicklung von Therapien gegen Adipositas eingesetzt werden. Medikamente, die die Aktivität des ALK-Gens hemmen, werden bereits in der Krebstherapie verwendet.

In einem Studienkommentar erklärt Susanne Klaus vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung allerdings, dass „bevor die Hemmung von ALK für die Behandlung von Adipositas beim Menschen in Erwägung gezogen werden kann, noch umfangreiche Untersuchungen zu möglichen Nebenwirkungen nötig sind.“

Cell Press, doi: 10.1016/j.cell.2020.04.034

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