Wetterdaten rekonstruiert

Klimawandel hat Blitze in den Alpen verdoppelt

Robert Klatt

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In vielen Alpenregionen hat sich die Anzahl der Blitze in den letzten 40 Jahren durch den Klimawandel verdoppelt. Die erhebliche Bedrohung für Menschen, Tiere und technologische Einrichtungen sind damit stark gestiegen.

Innsbruck (Österreich). Daten des Weltklimarats (IPCC) zeigen, dass Extremwetterereignisse wie starke Hitzewellen durch den Klimawandel stark zunehmen. Die Auswirkungen der Erderwärmung auf lokale Wetterphänomene wurden bisher aber kaum untersucht. Es existieren aber Hinweise darauf, dass Gewitter und Blitze in manchen Regionen der Erde durch den Klimawandel häufiger auftreten.

Forscher der Universität Innsbruck um Thorsten Simon haben deshalb analysiert, ob diese Wetterphänomene im Alpenraum vermehrt auftreten. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Climate Dynamics nutzten sie dazu Blitzdaten der europäischen Ostalpen der letzten zehn Jahre sowie Wetterdaten dieser Region.

„Aus diesen Datensätzen erhalten wir Informationen über die Blitzaktivität mit nahtlosen Aufzeichnungen über das letzte Jahrzehnt.“

Künstliche Intelligenz (KI) verknüpft Wetterdaten und Blitze

Anschließend haben die Forscher die Wetter- und Blitzdaten mit einer Künstlichen Intelligenz (KI) verknüpft. Sie konnten so den Zusammenhang zwischen den spezifischen Wetterverhältnissen an bestimmten Orten und der Blitzaktivität herzustellen. Außerdem war es laut Simon möglich, die Blitzdaten der letzten Jahrzehnte zu rekonstruieren.

„Dann haben wir mit dem maschinellen Lernverfahren und den meteorologischen Daten Blitzhäufigkeiten weiter in die Vergangenheit rekonstruiert, also für eine Zeit, in der es noch keine solchen Blitzmessungen gab.“

Es war somit möglich, eine detaillierte Nachbildung der Aktivität von Wolke-Boden-Blitzen in der Region der Ostalpen von 1980 bis 2019 zu erstellen. Diese Zeitspanne wurde mit einer räumlichen Auflösung von 32 Kilometern und einer zeitlichen Auflösung von einer Stunde aufgearbeitet.

Deutlich mehr Blitze in den Hochalpen

Laut den Daten hat vor allem in den Ostalpen die sommerliche Blitzhäufigkeit in den letzten 40 Jahren stark zugenommen.

„Bemerkenswert ist, dass mehr als ein Viertel der Gitterzellen in unserem Gebiet eine Blitzzunahme von mehr als einem Prozent pro Jahrzehnt erfahren hat.“

An der Südgrenze der Alpen ist die Blitzaktivität heute während der gesamten Gewittersaison nahezu doppelt so hoch wie vor vier Jahrzehnten. Das Forschungsteam konnte feststellen, dass ein vergleichbarer, wenngleich weniger intensiver Trend fast überall in den Ostalpen zu beobachten ist.

„In den Hochalpen hat sich die Blitzaktivität in den 2010er Jahren im Vergleich zu den 1980er Jahren verdoppelt. Nördlich der Alpen im Bayrisch-Böhmischen Wald ist der Trend zwar schwächer, aber dennoch signifikant positiv.“

Blitzaktivität schwankt stark

Laut der Rekonstruktion nahm zudem die Schwankungen der Blitzaktivität im zeitlichen Verlauf signifikant zu. Besonders der Höhepunkt der Blitzhäufigkeit im Frühsommer ist deutlich stärker als vor 40 Jahren.

„Im Tagesverlauf ist der Höhepunkt um bis zu 50 Prozent stärker, wobei es mehr Blitze am Nachmittag und Abend gibt. In den hochgelegenen Bereichen der Ostalpen erreicht die Blitzsaison ein stärkeres Maximum und beginnt einen Monat früher.“

Die Erkenntnisse dieser Trends sind nicht nur aus meteorologischer Perspektive bedeutsam, sondern auch in der Praxis relevant. Insbesondere in bergigen Gebieten können Blitze eine erhebliche Bedrohung für Menschen, Tiere und technologische Einrichtungen darstellen. Helfen könnten hier neue Blitzableiter, die die Bahnen der Blitze mit Lasern manipulieren.

„Das ist nicht zuletzt für die entsprechende Entwicklung präventiver Maßnahmen zum Schutz von Mensch und Umwelt vor den möglichen Schäden durch Blitzeinschläge wichtig.“

Die Wissenschaftler führen die erhöhte Anzahl von Blitzen und Gewittern in den Alpen auf den Klimawandel und die damit einhergehenden Wetteränderungen in dieser Region zurück. Ihren Untersuchungen nach zeigte sich ein nahezu proportionaler Anstieg der Blitzhäufigkeit im Kontext der Temperaturmessung zwei Meter über dem Boden und der Konvektionsenergie der Luftmassen.

„Unsere Analysen haben ergeben, dass die durch den Klimawandel steigenden Temperaturen die Gewitter- und damit Blitzhäufigkeit noch weiter steigen lassen“, sagt Simon. „Dass dieser Trend so eindeutig im Einklang mit den globalen Veränderungen des Klimasystems steht, hat uns auch überrascht.“

Climate Dynamics, doi: 10.1007/s00382-023-06786-8

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