Robert Klatt
Übergewicht erhöht das Risiko für viele Krebsarten. Nun wurde entdeckt, dass nicht nur der Körperfettanteil, sondern auch die Art des konsumierten Fetts das Krebsrisiko beeinflusst. Fette aus tierischen Quellen schädigen demnach die körpereigene Immunabwehr gegen Tumore.
Boston (U.S.A.). Es ist seit Langem bekannt, dass Menschen mit Übergewicht oder Fettleibigkeit (Adipositas) öfter an Krebs erkranken. Eine Metastudie der International Agency for Research on Cancer (IARC), die 2016 im Fachmagazin The New England Journal of Medicine publiziert wurde, hat gezeigt, dass ein höherer Körperfettanteil das Risiko für mindestens 13 Krebsarten, darunter Brust-, Darm- und Leberkrebs, erhöht. Dies liegt unter anderem daran, dass Übergewicht die Funktion der zytotoxischen Lymphozyten (CTLs) und der Killerzellen, also der essenziellen Immunzellen, stört.
Forscher der Harvard Medical School (HMS) haben nun untersucht, ob nur der Körperfettanteil oder auch die Art des konsumierten Fetts das Krebsrisiko beeinflusst, weil sie vermutet haben, dass bestimmte Fettarten das Immunsystem schwächen. Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Metabolism haben sie dazu Mäuse mit einer fettreichen Diät gefüttert. Eine Gruppe hat Fett aus tierischen Quellen, darunter Butter, Schmalz und Rindertalg, erhalten und eine Gruppe pflanzliche Fette wie Palmöl, Kokosöl und Olivenöl. Sobald die übergewichtig waren, haben die Forscher ihnen Tumorzellen verschiedener Krebsarten injiziert und beobachtet, wie schnell die Tumore sich entwickelt haben.
Anschließend haben die Wissenschaftler untersucht, wie sich die Metaboliten, kleine Moleküle, die beim Abbau von Nährstoffen entstehen, auf das Immunsystem der Mäuse auswirken. In den T- und NK-Zellen von Mäusen mit Fetten aus tierischen Quellen wurden viele langkettige Acylcarnitine entdeckt. Diese Abbauprodukte schädigen die Mitochondrien der Immunzellen, zerstören dadurch die Energiequelle und verhindern die effektive Bekämpfung von Tumoren.
Bei den Mäusen, deren Fette aus pflanzlichen Quellen stammten, wurden diese schädlichen Stoffwechselprodukte nicht entdeckt. Ihr Immunsystem konnte also trotz des deutlichen Übergewichts die Tumore weiterhin bekämpfen.
„Unsere Studie zeigt, dass nicht das Körperfett an sich, sondern die Art des konsumierten Fetts ausschlaggebend für das Tumorwachstum bei adipösen Mäusen ist. Wir haben festgestellt, dass fettreiche Diäten auf Basis von Schmalz, Rindertalg oder Butter die Immunabwehr gegen Krebs beeinträchtigen und das Tumorwachstum in mehreren Mausmodellen fördern. Diäten mit Kokos-, Palm- oder Olivenöl haben diesen Effekt bei gleich übergewichtigen Tieren nicht. Diese Erkenntnisse haben wichtige Konsequenzen für die Krebsprävention und -behandlung bei übergewichtigen Menschen.“
Die Forscher haben zudem die NK-Zellen von übergewichtigen Menschen untersucht und auch bei ihnen eine gestörte Mitochondrienfunktion entdeckt. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass tierische Fette direkt die Fähigkeit des Immunsystems beim Menschen stören und es dadurch erschweren, Krebszellen zu erkennen und zu bekämpfen.
„Diese Ergebnisse zeigen, wie wichtig eine gezielte Ernährung für ein funktionierendes Immunsystem ist. Noch bedeutsamer ist, dass eine Umstellung der Fettquellen in der Ernährung möglicherweise die Behandlungserfolge bei übergewichtigen Krebspatienten verbessern kann. Solche Anpassungen sollten als potenzielle therapeutische Intervention in klinischen Studien untersucht werden.“
Die Studie zeigt somit, dass Übergewicht ein bedeutender Risikofaktor für Krebs ist, es aber auch darauf ankommt, welche Fette Menschen über ihre Lebensmittel zu sich nehmen. Die Ernährung hat also wohl einen noch größeren Einfluss auf das Immunsystem als bisher angenommen wurde.
The New England Journal of Medicine, doi: 10.1056/NEJMsr1606602
Nature Metabolism, doi: 10.1038/s42255-025-01330-w