Robert Klatt
Die Ozeanhaut nimmt durch minimale Temperaturdifferenzen zu den darunterliegenden Wasserschichten deutlich mehr CO₂ auf als bisher gedacht.
Penryn (England). Die Ozeane absorbieren etwa ein Drittel der CO₂-Emissionen. Laut einer Studie der ETH Zürich ist dieser Klimapuffer noch immer funktionsfähig, obwohl die CO₂-Konzentration seit 2004 um mehr als zehn Prozent zugenommen hat. Forscher der University of Exeter haben nun ermittelt, dass die Ozeane noch mehr CO₂ aufnehmen können, als bisher angenommen wurde. Dies liegt an der kühleren Temperatur der obersten Wasserschicht, die besonders beim Atlantik dazu führen, dass die tatsächliche CO₂-Senke höher ist, als geschätzt wurde.
Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Geoscience haben die Forscher sind bei ihrer Studie auf die sogenannte Ozeanhaut konzentriert, also die etwa zwei Millimeter (mm) dünne Wasserschicht direkt an der Meeresoberfläche, die leicht kühler ist als das darunter liegende Wasser. Frühere Studien haben bereits Hinweise darauf geliefert, dass die minimale Temperaturdifferenz zwischen den Wasserschichten die CO₂-Aufnahme fördern kann. Dieser Effekt wurde bisher aber noch nicht direkt im Meer gemessen.
Die Wissenschaftler der University of Exeter haben deshalb im Atlantik mit präzisen Messverfahren die Temperatur der obersten Wasserschicht und die CO₂-Aufnahme ermittelt. Die Messungen zeigen, dass die Ozeanhaut tatsächlich mehr CO₂ aufnimmt (+ 7 %) als bisher angenommen. Dies entspricht auf die gesamten Meere der Erde extrapoliert einer zusätzlichen CO₂-Aufnahme, die dem anderthalbfachen jährlichen Wachstum des Amazonasregenwaldes entspricht.
„Unsere Ergebnisse liefern Messdaten, die unser theoretisches Verständnis der CO₂-Ströme an der Meeresoberfläche bestätigen. Mit Blick auf die nächste Klimakonferenz COP29 im kommenden Monat verdeutlicht diese Arbeit die Bedeutung der Ozeane. Sie sollte uns auch helfen, die globalen Kohlenstoffbewertungen zu verfeinern, die zur Steuerung von Emissionsreduzierungen verwendet werden.“
Es wird somit deutlich, dass die bisherigen globalen Schätzungen der Luft-Meer-CO₂-Ströme nicht korrekt waren, weil diese die Temperaturdifferenzen in der oberflächennahen Wasserschicht nicht ausreichend berücksichtigt haben.
„Diese Arbeit ist das Ergebnis jahrelanger Anstrengungen eines internationalen Forscherteams. Die Unterstützung durch die Europäische Weltraumorganisation war entscheidend, um eine derart hochwertige Messkampagne über den gesamten Atlantik zu ermöglichen.“
Diese Entdeckung verdeutlicht die Komplexität der Wasserschichten im Ozean und ihren Einfluss auf die CO₂-Aufnahme aus der Atmosphäre. Das Verständnis dieser Prozesse ist essenziell für die Entwicklung von präzisen Klimamodellen und die Prognosen der weiteren Klimaentwicklung.
Nature Geoscience, doi: 10.1038/s41561-024-01570-7