0,7 Grad weniger Hitze

CO₂-Speicherung unter der Erdoberfläche kann Klimawandel nicht stoppen

 Robert Klatt

Potenzial von Carbon Capture and Storage (CCS) wurde überschätzt )kcotS ebodAplam(Foto: © 

Carbon Capture and Storage (CCS) Techniken, die CO₂ aus der Atmosphäre einfangen und an sicheren Orten einlagern, galten lange als wirksame Maßnahme gegen die Erderwärmung. Eine neue Analyse zeigt nun, dass das Potenzial der CO₂-Speicherung stark überschätzt wurde.

Laxenburg (Österreich). Die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre hat seit 2004 um mehr als zehn Prozent zugenommen. Wenn dieser Trend anhält, wird das verbleibende CO₂-Budget für die 1,5-Grad-Grenze laut einer Studie der University bald überschritten. European Scientific Advisory Board on Climate Change, der Klimabeirat der Europäischen Union (EU), hat sich deshalb kürzlich dafür ausgesprochen, Direct Air Capture (DAC) Techniken zu fördern, mit denen das Gas aus der Atmosphäre entfernt werden kann. Anschließend kann es entweder als Rohstoff verwendet werden oder gespeichert werden, etwa in einem Vulkan vor der portugiesischen Küste.  

In der Wissenschaft wird das Potenzial von Carbon Capture and Storage (CCS) als Mittel gegen den Klimawandel jedoch kontrovers diskutiert, weil die Technik komplex ist und ihr Betrieb viel Energie benötigt. Zudem ist es noch unklar, wie viel CO₂ tatsächlich in den geologischen Strukturen der Erde langfristig eingespeichert werden kann.

1460 Milliarden Tonnen CO₂

Forscher des International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) haben deshalb systematisch untersucht, in welchen Bereichen an Land und unter dem Meeresboden CO₂ sicher eingelagert werden kann. Bei der Analyse der geologischen Strukturen haben sie berücksichtigt, dass das Einlagern sehr wahrscheinlich kein Erdbeben verursacht, dass keine Menschen gefährdet sind, falls ungeplant große CO₂‑Mengen austreten, und dass kein Trinkwasser durch das eingelagerte CO₂ verseucht wird.

Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Nature können bis zum Jahr 2200 insgesamt 1460 Milliarden Tonnen CO₂ in den geologischen Strukturen eingespeichert werden. Die Maßnahme würde damit die Erderwärmung um maximal 0,7 Grad Celsius reduzieren. Zuvor kamen optimistischere Potenzialschätzungen zu bis zu zehnmal höheren Ergebnissen. 

„Es kann nun nicht mehr als unbegrenzte Lösung angesehen werden, um unser Klima wieder in sichere Bereiche zu führen.“

Klaus Wallmann, Leiter der Forschungseinheit Marine Geosysteme am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR), der nicht an der Studie beteiligt war, bestätigt ebenfalls, dass das CCS-Potenzial wohl deutlich kleiner ist, als zuvor in den besonders optimistischen Szenarien angenommen wurde. Laut ihm hat die neue IIASA-Abschätzung die nutzbare CO₂-Speicherkapazität aber zu konservativ eingeschätzt.

CO₂ in alten Minen

Die große Differenz zwischen den älteren Potenzialschätzungen und der neuen Studie geht darauf zurück, dass zuvor kaum beachtet wurde, ob die potenziellen Einlagerungsorte in Ballungsräumen liegen oder Naturschutzgebiete gefährden. Wenn diese Regionen, in denen eine fehlgeschlagene CO₂‑Einlagerung große Schäden auslösen könnte, ausgeschlossen werden, sinkt das CCS-Potenzial in vielen Ländern, etwa Indien, Norwegen, Kanada und in großen Teilen der EU, stark. Ein Großteil des CCS-Potenzials (70 %) liegt laut der neuen Studie in Ländern mit vielen stillgelegten Minen, also vorwiegend in den U.S.A., China, Russland, Brasilien oder Australien.

Nature, doi: 10.1038/s41586-025-09423-y

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