Genmodifizierte Rinderzellen

„Unendlich“ viel Laborfleisch dank unsterblichen Stammzellen

Robert Klatt

Genmodifizierte Rinderstammzellen zur Produktion von Laborfleisch )kcotS ebodAacirfA weN(Foto: © 

Laborfleisch benötigt regelmäßig neues Muskelgewebe von einem Tier. Nun wurden genmodifizierte Stammzellen entwickelt, die unsterblich sind und sich unendlich oft teilen können. Die Zellentnahme von Tieren ist damit überflüssig.

Medford (U.S.A.). Laborfleisch, auch bekannt als In-Vitro-Fleisch, könnte der Schlüssel zur nachhaltigen Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung sein. Die Produktionsverfahren, das auch als „Tissue Engineering“ bezeichnet wird, benötigt jedoch Muskelgewebe von einem Tier. Aus diesem Gewebe werden Stammzellen extrahiert und dann in einem Bioreaktor mit einem Nährmedium vermehrt, das optimale Wachstumsbedingungen bietet. Im Laufe der Zeit durchlaufen diese Zellen verschiedene Entwicklungsstadien und bilden Muskeln.

Mithilfe eines Trägergerüsts, meist aus tierischem Kollagen, wachsen die Zellen schließlich zu einer größeren Masse zusammen. Dieser Prozess ermöglicht die Produktion von Fleisch, ohne dass dafür Tiere geschlachtet werden müssen. Muskelgewebe, aus dem Stammzellen gewonnen werden können, ist aber noch immer erforderlich.

Unsterbliche Rinder-Muskelstammzellen

Normale Muskelstammzellen, die von lebenden Tieren entnommen werden, teilen sich in der Regel nur etwa 50 Mal, bevor sie alt werden und nicht mehr lebensfähig sind. Forscher der Center for Cellular Agriculture (TUCCA) der Tufts University haben nun unsterbliche Rinder-Muskelstammzellen (iBSCs) entwickelt, die sich unendlich oft teilen können. Die Produktion von Laborfleisch kann somit erfolgen, ohne dass ständig neue Zellen aus Biopsien von Nutztieren verwendet werden müssen.

Laut der Publikation im Fachmagazin ACS Synthetic Biology vermehren sich die genmodifizierten Rinderzellen zudem schneller. Sie können somit deutlich mehr Fleisch in derselben Zeit produzieren.

Vorteile für die Forschung

Andrew Stout, Doktorand am TUCCA und leitender Forscher des Projekts, sieht zudem in den Stammzellen Vorteile für die Forschung. Laut ihm können die unsterblichen Zellen anderen Forschern den Einstieg in die Zelllandwirtschaft erleichtern, weil sie die Kosten reduzieren und die Produktion in großem Maßstab ermöglichen.

„Normalerweise mussten Forscher ihre eigenen Stammzellen-Isolationen von Tieren durchführen, was teuer und arbeitsaufwändig ist, oder Modellzelllinien von weniger relevanten Arten, wie Maus-Muskelzellen, verwenden. Mit diesen neuen beständigen Rinderzelllinien können ihre Studien relevanter sein und buchstäblich zum Kern der Sache kommen.“

Telomere und Proteinproduktion modifiziert

Um die normalen Rinder-Muskelstammzellen in unsterbliche Stammzellen umzuwandeln, müssten die Forscher ihre Gene modifizieren. Die meisten Zellen verlieren mit der Teilung und Alterung DNA an den Enden ihrer Chromosomen, den sogenannten Telomere. Dies kann zu Fehlern bei der Kopierung oder Reparatur der DNA führen. Es kann auch dazu führen, dass Gene verloren gehen und Zellen schließlich sterben.

Die Forscher haben die Rinderstammzellen so modifiziert, dass sie ihre Telomere ständig neu aufbauen, was ihre Chromosomen effektiv verjüngt und sie auf eine weitere Runde von Replikation und Zellteilung vorbereitet.

Der zweite Schritt zur Unsterblichkeit der Zellen bestand darin, sie dazu zu bringen, kontinuierlich ein Protein zu produzieren, das ein kritisches Stadium der Zellteilung stimuliert. Dies beschleunigt den Prozess effektiv und hilft den Zellen, schneller zu wachsen. Muskelstammzellen sind nicht das Endprodukt, das man essen möchte. Sie müssen sich nicht nur teilen und wachsen, sondern sich auch in reife Muskelzellen differenzieren.

Die genveränderten Stammzellen differenzierten sich tatsächlich in reife Muskelzellen, die aber nicht komplett identisch mit tierischen Muskelzellen aus konventionellen Rinderstammzellen sind.

„Es ist möglich, dass sie ausgereift genug sind, um den Geschmack und die Textur von natürlichem Fleisch zu replizieren. Das ist etwas, das wir weiter erforschen müssen. Sie verdoppeln sich sehr schnell, sie brauchen vielleicht nur ein bisschen mehr Zeit, um vollständig auszureifen.“

ACS Synthetic Biology, doi: 10.1021/acssynbio.3c00216

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