Robert Klatt
Die Ozeane absorbieren rund ein Viertel der menschlichen CO₂-Emissionen. Nun wurde entdeckt, dass die Klimapufferfunktion der Meere durch den Klimawandel und die dadurch zunehmenden Wassertemperaturen stark abnimmt.
Zürich (Schweiz). Die Ozeane stabilisieren das Klimasystem, weil sie ein Viertel der anthropogenen CO₂-Emissionen und 90 Prozent der zusätzlichen Wärme aus der Atmosphäre absorbieren. Wenn die CO₂-Senke nicht existieren würde, wäre die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre, die laut Daten der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) seit 2004 um mehr als zehn Prozent zugenommen hat, noch deutlich höher als heute und die Erderwärmung hätte die 1,5-Grad-Grenze bereits signifikant überschritten.
Die Oberflächentemperaturen der Weltmeere sind 2023 durch einen starken El-Niño jedoch plötzlich rapide angestiegen und haben in vielen Regionen Rekordwerte erreicht. Die Forschung hat deshalb die Frage gestellt, wie sich die höheren Temperaturen auf die Klimapufferfunktion der Meere auswirken.
„Diese sprunghafte Erwärmung des globalen Ozeans auf neue Rekordtemperaturen ist für die Klimaforschung herausfordernd, denn bislang war unklar, wie die marine Kohlenstoffsenke darauf reagiert.“
Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) haben deshalb mithilfe von globalen ozeanischen CO₂-Messungen untersucht, wie sich die hohen Temperaturen auf die CO₂-Senke der Weltmeere ausgewirkt haben. Die Analyse zeigt, dass die Meere seit 2003 rund ein Zehntel weniger CO2 absorbieren als zuvor. Die nicht absorbierte Menge entspricht rund der Hälfte der CO₂-Emissionen der Europäischen Union (EU).
„Das ist keine gute Nachricht, doch die Abnahme ist kleiner als befürchtet.“
Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Climate Change sind die Wissenschaftler von dem Rückgang nicht überrascht. Sie erklären, dass im Hitzejahr 2023 vor allem die hohen Wassertemperaturen in der Nordhemisphäre, vor allem im Nordatlantik, für den signifikanten Rückgang der Klimapufferfunktion verantwortlich waren.
„Die hohen Temperaturen reduzierten die Löslichkeit des CO₂, was zu einem anormalen Ausgasen von CO₂ führte und die Senkenleistung verringerte.“
Die Studiendaten zeigen, dass die Leistungsfähigkeit der marinen CO₂-Senke unerwartet moderat zurückgegangen ist. Dies liegt daran, dass sie nicht nur von der Wassertemperatur abhängt, sondern noch von anderen physikalischen und biologischen Prozessen beeinflusst wird, die entweder die CO₂-Ausgasung hemmen oder die Senkenleistung erhöhen, indem sie die Konzentration von gelöstem anorganischem Kohlenstoff in den oberflächennahen Wasserschichten senken.
Wie die Forscher erklären, haben 2003 drei ineinandergreifende physikalische und biologische Mechanismen dafür gesorgt, dass sich das gelöste anorganische Kohlenstoffdioxid (DIC) in den oberen Meeresschichten auf einem niedrigen Niveau hielt. Zum einen entwich CO₂ direkt in die Atmosphäre. Zum anderen führte eine zunehmend stabile Schichtung der Wassersäule dazu, dass kohlenstoffreiches Tiefenwasser kaum mehr an die Oberfläche gelangen konnte. Hinzu kam die anhaltende Wirkung der sogenannten biologischen Pumpe, bei der Photosynthetisch aktive Organismen nahe der Wasserfläche Kohlendioxid aufnehmen, dann sterben und mit ihrem Absinken den gebundenen Kohlenstoff in tiefere Wasserschichten verlagern.
„Somit kann man die Antwort des Ozeans auf die extremen Temperaturen von 2023 als Resultat eines permanenten Tauziehens zwischen Temperatur-bedingtem Ausgasen und gleichzeitiger Verarmung an gelöstem CO₂ verstehen.“
Nature Climate Change, doi: 10.1038/s41558-025-02380-4