Robert Klatt
Für Laborfleisch müssen keine Tiere getötet werden. Doch ist die Fleischalternative aus dem Bioreaktor deshalb vegan?
Birmingham (England). In-vitro-Fleisch, das auch als Laborfleisch bezeichnet wird, basiert auf Zellkulturen, die aus Muskelstammzellen von lebenden Tieren bestehen. Die Stammzellen werden den Tieren mittels einer Biopsie entnommen, ohne dass die Tiere getötet werden. Anschließend werden die Zellen in einem Bioreaktor in einer Nährlösung mit einem Wachstumsserum kultiviert und bilden Muskelfasern, aus denen mit ebenfalls gezüchteten Fettzellen Fleisch produziert werden kann. Unter Vegetariern und Veganern herrscht bis heute Uneinigkeit darüber, ob Laborfleisch als vegan bezeichnet werden kann.
Nun hat die Vegan Society (PDF) eine neue Stellungnahme publiziert, laut der kultiviertes Fleisch dabei helfen, das Tierleid und die großen Umwelt- und Klimaschäden der Fleischindustrie, etwa hohe Treibhausgasemissionen, zu reduzieren. Laut der Organisation, die den Veganismus unterstützt, ist Laborfleisch jedoch nicht vegan und kann womöglich niemals als vegan angesehen werden.
„Veganismus als Philosophie zielt darauf ab, die Ausbeutung und Grausamkeit gegenüber nichtmenschlichen Tieren zu beenden. Daher ist es verständlich, dass sich einige Veganer von den Möglichkeiten dieser Technologie angezogen fühlen. Wie unsere politische Position jedoch deutlich macht, ist kultiviertes Fleisch nicht vegan.“
Die Vegan Society fördert den Veganismus und die Entwicklung und Nutzung von tierfreien Produkten. Das Prinzip basiert auf dem Anti-Speziesismus-Prinzip, also der Annahme, dass der Mensch Tieren nicht überlegen ist und diese deshalb nicht ausbeuten darf. Weil die Produktion von Laborfleisch jedoch Stammzellen von Tieren benötigt, widerspricht das In-vitro-Fleisch dem Anti-Speziesismus-Prinzip deutlich. Die Autoren erklären, dass die Technik die Anzahl der Schlachtungen zwar reduzieren kann, jedoch nicht ohne die Nutzung von Tieren funktionieren kann.
„So wie es derzeit aussieht, reicht der Prozess des kultivierten Fleisches für uns nicht aus, um ihn zu unterstützen. Es gibt bereits eine Vielzahl von veganen Fleischalternativen, die nicht aus kultiviertem oder im Labor gezüchtetem Fleisch stammen – im Grunde gibt es da draußen schonendere Alternativen.“
Zudem kritisieren die Autoren, dass die Produktion von Laborfleisch weiterhin die Haltung von Tieren erforderlich macht. Unternehmen, die zuvor vor allem in der Fleischproduktion aktiv waren, könnten bei einer Umstellung auf Laborfleisch also weiterhin die Tiere ausbeuten, etwa indem sie deren Milch, Wolle, Eier und Leder verkaufen. Es ist außerdem unklar, unter welchen Haltungsbedingungen die Tiere zur Zellextraktion leben müssen.
„Diese Produkte enthalten zwar nur von Tieren stammende Starterzellen, sind aber nicht vegan. Wir sind uns bewusst, dass es sich hier um einen sich schnell entwickelnden Sektor handelt und wir werden dies im Auge behalten.“