950 Millionen Euro pro Jahr

Tempolimit hätte hohen wirtschaftlichen Nutzen für Deutschland

Robert Klatt

Geschwindigkeitsbegrenzung auf einer deutschen Autobahn )kcotS ebodAnielarez(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen würde die Wohlfahrt um 950 Millionen Euro pro Jahr erhöhen
  • Der Wohlfahrtsgewinn geht unter anderem auf geringere Kraftstoffkosten und Unfallzahlen sowie den Klimaschutz zurück

Ein Tempolimit auf Autobahnen würde nicht nur die CO₂-Emissionen reduzieren, sondern auch die Wohlfahrt in Deutschland deutlich erhöhen.

Kalmar (Schweden). Die Einführung eines pauschalen Tempolimits auf deutschen Autobahnen ist umstritten. Die Mehrheit der Deutschen (71 %) sind für ein Tempolimits von 130 km/h, während die Mehrheit der Autofahrer (52 %) dies ablehnt. Argumente für das Tempolimit waren bisher vor allem das geringere Unfallrisiko sowie die Reduktion von CO₂-Emissionen, die laut einer Studie des Studie des Umweltbundesamts (UBA) deutlich größer ist als lange angenommen wurde.

Eine Studie der Linnaeus University kam nun zu dem Ergebnis, dass ein Tempolimit zudem die Wohlfahrt in Deutschland erhöhen würde. In der Ökonomie bezeichnet die Wohlfahrt den Nutzer für Einzelpersonen oder die Gesellschaft. Bestimmt wird sie über das Bruttoinlandsprodukt (BIP) und weitere Faktoren, die in der Ökonomie aber umstritten sind.

Mehr Wohlfahrt durch Tempolimit von 130 km/h

Laut der Publikation im Fachmagazin Ecological Economics wurde eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h auf deutschen Autobahnen neben den positiven Auswirkungen auf den Klimawandel große wirtschaftliche Vorteile bringen. Die Maßnahme würde jährlich mindestens 950 Millionen Euro Wohlfahrtsgewinne generieren.

Die Hauptfaktoren, die zu diesen Gewinnen beitragen, sind neben dem Klimaschutzeffekt insbesondere der reduzierte Treibstoffverbrauch, eine Verringerung der Unfallzahlen, niedrigere Lieferkettenkosten und Kosteneinsparungen im Bereich der Infrastruktur. Ohne Emissionseinsparungen würde das Tempolimit einen Wohlfahrtsgewinn jährlich einbringen.

Die Wissenschaftler bezeichnen das Wohlfahrtsgewinn deshalb als Win-win-Situation für die Gesellschaft und den Klimaschutz. Die Studie widerspricht damit einer Studie des Instituts für Weltwirtschaft an der Universität Kiel (IfW), laut der ein Tempolimit der deutsche Wirtschaft signifikant schaden würde.

Öffentliche Daten analysiert

Die Studie basiert auf öffentlich verfügbaren Datenquellen. Mithilfe einer ausführlichen Kosten-Nutzen-Analyse evaluierten die Forscher die potenziellen Auswirkungen einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf Aspekte wie Reisezeiten, Kraftstoffverbrauch und -subventionen, Lieferketten, Infrastrukturentwicklung und -instandhaltung sowie Unfallhäufigkeit. Zusätzlich berücksichtigten sie die Einflüsse auf Landnutzung, Emissionen von Luftschadstoffen und Treibhausgasen. Im Rahmen dieser Analyse ermittelten die Experten die möglichen ökonomischen Schäden und Vorteile, die sich aus der Einführung eines Tempolimits ergeben könnten.

Laut Prof. Udo Becker, der am Institut für Verkehrsplanung und Straßenverkehr der Technischen Universität Dresden tätig ist, verdeutlichen die Resultate der Studie, dass eine Geschwindigkeitsbegrenzung aus volkswirtschaftlicher Perspektive erhebliche Vorteile mit sich bringen würde. Durch die Einführung eines Tempolimits könnten Fahrerinnen und Fahrer jährlich Kraftstoffkosten in Höhe von etwa 766 Millionen Euro einsparen. Die Untersuchung berücksichtigte sämtliche relevanten Auswirkungen, um ein umfassendes Bild der möglichen Folgen zu vermitteln.

„Um die Klimaprobleme ebenso wie die Flächenverbrauchs-, Abgas- und Lärmprobleme des Verkehrs zu reduzieren, ist ein Tempolimit auf Bundesautobahnen ein volkswirtschaftlich sinnvolles Vorgehen.“

Auch Prof. Felix Creutzig vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) beurteilt die Methodik und Annahmen der Studie als plausibel. Laut ihm sind die Annahmen, insbesondere bei den sozialen Kosten der CO₂-Emissionen, aber sehr konservativ getroffen. Es ist daher wahrscheinlich, dass der Wohlfahrtsgewinn durch ein Tempolimit in der Realität noch höher wäre.

Ecological Economics, doi: 10.1016/j.ecolecon.2023.107850

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