Patienten mit Leberzirrhose

Mikroplastik in der Leber des Menschen entdeckt

Robert Klatt

Mikroplastik )moc.hsalpsnuD:YLF(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Bei Patienten mit Leberzirrhose wurden im erkrankten Organ erhöhte Mengen Mikroplastik nachgewiesen
  • Gewebeproben aus gesunden Organen waren kaum mit Plastikpartikeln belastet
  • Noch ist unklar, ob die Plastikpartikel die Krankheit verursacht haben oder ob die Anreicherung eine Folge der Leberzirrhose ist

Bei Patienten mit Leberzirrhose wurden im erkrankten Organ erhöhte Mengen Mikroplastik nachgewiesen. Noch ist unklar, ob die Plastikpartikel die Krankheit verursacht haben oder ob die Anreicherung eine Folge der Leberzirrhose ist.

Hamburg (Deutschland). In den letzten Jahren hat die Wissenschaft Mikroplastik nicht nur an fast allen Orten der Erde, sondern auch im Körper des Menschen und in dessen Blut nachgewiesen. Welche gesundheitlichen Folgen die kleinen Plastikpartikel auslösen, ist noch weitgehend unbekannt. Studie konnten aber bereits belegen, dass Mikroplastik Abwehrzellen des Gehirns tötet und die Zellmembran mechanisch destabilisiert.

Ein Team des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) um Thomas Horvatits hat nun untersucht, ob und in welchen Mengen Mikroplastik sich in Organen des Menschen anreichert. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin eBioMedicine untersuchten die Wissenschaftler dazu jeweils drei Gewebeproben aus gesunden Nieren, Milz und Leber von kürzlich verstorbenen Menschen. Zudem entnahmen sie sechs Leberproben von lebenden Probanden mit Leberzirrhose.

Analyse von Mikroplastikpartikeln problematisch

„Die Identifikation und Analyse von Mikroplastikpartikeln in menschlichem Gewebe war für uns aufgrund der sehr kleinen Partikelgrößen und der geringen Probenmengen eine besondere Herausforderung. Wir haben hierfür eine neue Methode entwickelt, die Färbeverfahren mittels Nilrot und Fluoreszenzmikroskopie kombiniert“, erklärt Elke Fischer.

In Milz und Nieren konnten die Wissenschaftler keine signifikante Belastung mit Mikroplastik entdeckten. In der Leber der Patienten mit Leberzirrhose war jedoch eine erhöhte Menge an Mikroplastik vorhanden. „Die Mikroplastik-Konzentrationen in den Leberproben dieser Patienten waren signifikant höher als die Vergleichsproben“, so Fischer. Die Konzentration in den erkrankten Organen lag zwischen 4,6 und 11,9 Kunststoffpartikeln pro Gramm Gewebe.

Unterschiedliche Plastikteilchen in der Leber

Die entdeckten Mikroplastikpartikel stammen aus unterschiedlichen Plastiksorten. „Zusätzlich zu den häufig beobachteten Kunststoffarten Polystyrol, PVC und PET haben wir auch Polymethylmethacrylat (PMMA), Polyoxymethylen (POM) und Polypropylen (PP) gefunden. Überraschend war zudem, dass einige Mikroplastikpartikel erste Anzeichen einer Degradation in Form veränderter Oberfläche auswiesen. Das deutet darauf hin, dass einige dieser Teilchen schon längere Zeit im Organ präsent waren“, erklären die Autoren.

Leberzirrhose durch Mikroplastik?

Ob das Mikroplastik eine Ursache der Leberzirrhose ist, kann die Studie nicht beantworten. Wie Autoren erklären, haben Tierstudien jedoch Indizien dafür geliefert, dass Mikroplastik im Gewebe Zellstress und Fibrosen auslösen kann. Es ist demnach denkbar, dass die Plastikpartikel zumindest eine Teilursache der chronischen Leberentzündung ist.

Denkbar ist aber auch, dass die Anreicherung von Mikroplastik eine Folge der Leberzirrhose ist. „Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass der Pfortader-Hochdruck und die damit verbundene veränderte Darmdurchlässigkeit bei Leberzirrhose zu einer vermehrten Aufnahme von Mikroplastikpartikeln aus dem Darm führen. Welchen Stellenwert die Ablagerung von Mikroplastik in der Leber auf den Erkrankungsverlauf hat, müssen nun künftige Studien zeigen“, so Horvatits.

eBioMedicine, doi: 10.1016/j.ebiom.2022.104147

Spannend & Interessant
VGWortpixel