Neuronen im Zahnfleisch

Deshalb verschlimmert Schlafmangel eine Parodontitis

 Robert Klatt

Frau mit Schlafmangel leider unter starker Parodontitis )kcotS ebodASOIDUTS DLEIFTHGIL(Foto: © 

Schlafmangel reizt bestimmte Schmerzneuronen im Gesicht des Menschen und setzt dadurch Entzündungsbotenstoffe frei, die eine Reaktion des Immunsystems im Zahnfleisch auslösen. Eine bestehende Parodontitis wird dadurch schlimmer.

Shanghai (China). Etwa ein Drittel aller Erwachsenen schläft dauerhaft zu kurz. Laut einer Studie des University College London (UCL) sind sie dadurch nicht nur dauerhaft müde, sondern haben auch ein deutlich höheres Risiko für unterschiedliche chronische Krankheiten. Mangelnder Schlaf kann zudem bereits bestehende Krankheiten verschlimmern, darunter auch Parodontitis, eine chronische Entzündung des Zahnhalteapparates. Bei schlimmen Krankheitsverläufen kann diese Zahnfleischentzündung zum Verlust aller Zähne führen. Die Medizin konnte bislang aber noch nicht beantworten, wieso Schlafmangel Parodontitis verschlimmert.

Forscher der Tongji-Universität haben deshalb Gesundheitsdaten von rund 7.000 Menschen analysiert. Die klinischen Daten zeigen klar, dass eine Korrelation zwischen Parodontitis und Schlafmangel besteht. Laut der Publikation im Fachmagazin PNAS leidet rund ein Fünftel aller Menschen, die regelmäßig unter vier Stunden schlafen, an der chronischen Zahnfleischentzündung, während der Anteil bei Menschen mit höheren Schlafzeiten deutlich geringer ist.

Neuronen im Zahnfleisch

Um zu untersuchen, wieso Menschen mit Schlafmangel öfter an Parodontitis leiden, haben die Forscher Experimente mit Mäusen durchgeführt, die sie zuvor mit Parodontitis infiziert haben. Sie haben dabei die Neuronen im Zahnfleisch zu ihrem Ursprungsort zurückverfolgt, um zu untersuchen, ob diese bei Schlafmangel aktiver sind und ob und wie diese Paradontitis beeinflussen.

Laut der Analyse sind die Neuronen des Zahnfleischs mit den TRPV1-Neuronen des Trigeminusnervs verbunden. Dieser Nerv überwacht die Temperatur- und Schmerzempfindung im Gesicht und wird bei Schlafmangel aktiver. Wenn die TRPV1-Nerven gereizt werden, schütten sie das Neuropeptid Substanz P, das wiederum die Blutgefäße erweitert.

Mehr Immunzellen im Zahnfleischgewebe

Durch die erweiterten Blutgefäße gelangen mehr Immunzellen in das Zahnfleischgewebe, und die dortigen Entzündungen nehmen zu. Eine bereits bestehende Parodontitis wird dadurch deutlich schlimmer.

Die Experimente mit den Mäusen zeigen, dass dieser Effekt gehemmt werden könnte, indem man die TRPV1-Nerven ausschaltet oder die Substanz-P-Rezeptoren blockiert. Bevor klinische Studien mit diesen potenziellen Behandlungsmöglichkeiten am Menschen erfolgen können, sind jedoch noch weitere Studien nötig.

PNAS, doi: 10.1073/pnas.2424169122

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