Robert Klatt
Die Süßwasservorräte der Erde sind durch den Klimawandel und die Wassernutzung des Menschen in fast allen Regionen deutlich gesunken. Ohne entsprechende Gegenmaßnahmen, etwa eine reduzierte Entnahme von Grundwasser, wird es in den kommenden Jahrzehnten zu Versorgungsproblemen kommen, die die Ernährungssicherheit gefährden.
Tempe (U.S.A.). Forscher der Australian National University (ANU) haben im Januar 2025 eine Studie publiziert, laut der der Klimawandel den Wasserkreislauf der Erde stark beeinflusst und dadurch Dürren auslösen kann. Laut einer Analyse der Seoul National University (SNU) führen diese Prozesse zudem dazu, dass die Landflächen des Planeten kontinuierlich ihre Wasserreserven verlieren. Der daraus resultierende Einfluss auf den Meeresspiegel ist größer als der Meeresspiegelanstieg durch den Eisverlust der Arktis.
Forscher der Arizona State University (ASU) haben nun eine neue Studie publiziert, die die Süßwasservorräte der Erde detailliert analysiert hat. Die Studie basiert auf über 20 Jahre Daten der US-deutschen GRACE- und GRACE-FO-Satellitenmissionen, die Informationen über die sogenannte terrestrische Wasserspeicherung, also das Wasser der Landmassen, einschließlich Oberflächenwasser, Vegetationswasser, Bodenfeuchte, Schnee, Eis und Grundwasser, liefern.
Laut der Publikation im Fachmagazin Science Advances zeigen die Satellitendaten, dass die Landmassen der Erde seit 2002 große Mengen an Süßwasser verloren haben. Die Süßwasservorräte sind demnach in 101 Ländern, in denen rund drei Viertel der Weltbevölkerung leben, in den letzten 22 Jahren deutlich gesunken. Die Analyse offenbart, dass jährlich eine doppelt so große Fläche wie Kalifornien austrocknet und trockene Gebiete schneller trockener werden als feuchte Gebiete feuchter.
Die Ursachen dafür sind der Klimawandel, Dürreperioden und die nicht nachhaltige Nutzung des Grundwassers durch den Menschen, die laut einer Studie der American Geophysical Union (AGU) so stark ist, dass dadurch in den letzten Jahrzehnten die Erdachse verschoben wurde. Ein Großteil des verlorenen Wassers stammt aus dem Grundwasser (68 %), das damit mehr zum Anstieg des Meeresspiegels beiträgt als die schmelzenden Gletscher der Erde.
„Diese Erkenntnisse sind möglicherweise die bislang alarmierendste Warnung über die Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Wasserressourcen. Kontinente trocknen aus, die Verfügbarkeit von Süßwasser nimmt ab und der Meeresspiegel steigt schneller. Die Folgen der fortgesetzten Übernutzung von Grundwasser könnten die Nahrungs- und Wassersicherheit von Milliarden Menschen gefährden. Jetzt ist ein weltweiter Kraftakt gefragt. Wir brauchen sofortige Maßnahmen zur Sicherung der globalen Wasserversorgung.“
Die Analyse zeigt, dass 2014/2015, als sich der Mega-El-Niño ereignet hat, ein Kipppunkt war. In diesem Zeitraum hat der Klimawandel deutlich zugenommen und der Grundwasserverbrauch ist aufgrund von Dürren stark gestiegen. Der Verlust der Wassermassen an Land hat in diesem Zeitraum erstmals die Abschmelzraten von Gletschern und Eisschilden übertroffen.
Zudem haben sich die trockenen Regionen ab 2014 erstmals vermehrt auf die Nordhalbkugel verlagert und die feuchten Regionen auf die Südhalbkugel. Dieser Prozess wurde vor allem durch Dürren in den mittleren Breitengraden der Nordhalbkugel ausgelöst. Außerdem haben sich lokale Zonen des Wasserverlustes inzwischen verbunden und es sind vier große Austrocknungsregionen auf der Erde entstanden.
In den Tropen sind die Wassermassen seit 2002 hingegen als einzige Region der Erde gestiegen.
„Diese Studie zeigt eindrucksvoll, wie wichtig kontinuierliche Beobachtungen der terrestrischen Wasserspeicherung sind. Die GRACE-Datenreihen sind inzwischen lang genug, um robuste Trends von natürlichen Klimaschwankungen zu trennen. Noch mehr Messstationen vor Ort und besserer Datenaustausch würden die Wassermanagementplanung zusätzlich verbessern.“
Laut den Forschern bedrohen die zunehmenden Wasserverluste die Landwirtschaft, die Trinkwasserversorgung, die geopolitische Stabilität und die Artenvielfalt. Es wird somit deutlich, dass die Wissenschaft sich intensiver mit dem Wasserprobleme beschäftigen muss, um potenzielle Lösungen zu finden.
„Diese Forschung ist von großer Bedeutung. Sie zeigt klar, dass wir dringend neue Strategien zur Verwaltung unseres Grundwassers auf globaler Ebene brauchen. Auch wenn Fortschritte beim Klimaschutz schwierig sind, können wir die Austrocknung der Kontinente durch neue Maßnahmen für eine nachhaltige Grundwassernutzung eindämmen. Das würde auch den Meeresspiegelanstieg verlangsamen und Wasserreserven für kommende Generationen erhalten.“
In Anbetracht der Ergebnisse sprechen die Forscher sich dafür aus, die globale Grundwasserentnahme zu reduzieren und die verbleibenden Süßwasserreserven besser zu schützen.
Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.adx0298