Klimawandel

Aufforstung mancher Regionen würde Erderwärmung beschleunigen

 Robert Klatt

Aufforstung der Lofoten könnte Erderwärmung beschleunigen )kcotS ebodAnessraaB ekkoF(Foto: © 

Eine globale Aufforstung wird oft als Mittel gegen Klimawandel genannt. Nun haben Forscher ermittelt, dass Bäume in bestimmten Regionen die Erderwärmung beschleunigen, also kontraproduktiv sind.

Aarhus (Dänemark). Die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre hat laut einer Studie der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) seit 2004 um mehr als zehn Prozent zugenommen. Um den Klimawandel zu hemmen, planen deshalb mehrere Staaten große Wiederaufforstungsprojekte, deren Bäume CO₂ aufnehmen sollen. Zu den geplanten Projekten gehört auch das Pflanzen von Bäumen in der Arktis, das schon bald möglich sein könnte, weil durch die Erderwärmung Bäume zunehmend weiter nördlich gepflanzt werden können.

Forscher der Aarhus University (AU) haben nun untersucht, welche ökologischen Auswirkungen entstehen würden, wenn man Bäume in Regionen pflanzt, die normalerweise baumlos sind. Der Fokus der Studie lag auf dem arktischen und subarktischen Ökosysteme. Laut den im Fachmagazin Nature Geoscience publizierten Ergebnissen, würde eine Aufforstung in diesen hohen Breitengraden die globale Erwärmung eher beschleunigen als verlangsamen.

„Die Böden in der Arktis speichern mehr Kohlenstoff als alle Pflanzen der Erde zusammen. Diese Böden sind anfällig für Störungen, etwa durch die Kultivierung für Forstwirtschaft oder Landwirtschaft, aber auch durch das Eindringen von Baumwurzeln. Das halbkontinuierliche Tageslicht im Frühjahr und frühen Sommer, wenn der Schnee noch auf dem Boden liegt, macht die Energiebilanz dieser Region zudem extrem empfindlich gegenüber Oberflächenverdunkelung. Grüne und braune Bäume nehmen mehr Wärme von der Sonne auf als weißer Schnee.“

Hohes Risiko für Waldbrände und Dürren

Die Wissenschaftler erklären zudem, dass die Waldbrände und Dürren um den Nordpol anfällig für natürliche Störungen wie Waldbrände und Dürren sind. Wie eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) kürzlich zeigte, handelt es sich dabei um Probleme, die durch den Klimawandel häufiger auftreten. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass eine Aufforstung der arktischen und subarktischen Ökosysteme nicht langfristig funktionieren würde, weil Feuer die wachsenden Bäume verbrennen würde.

„Das ist ein riskanter Ort, um ein Baum zu sein, insbesondere als Teil einer homogenen Pflanzung, die gegenüber solchen Störungen anfälliger ist. Der in diesen Bäumen gespeicherte Kohlenstoff könnte solche Störungen anheizen und innerhalb weniger Jahrzehnte wieder in die Atmosphäre gelangen.“

Kontraproduktive Klimaschutzmaßnahme

Angesichts dieser Situation sind die Forscher der Ansicht, dass eine Aufforstung der Arktis ein Paradebeispiel für eine Klimaschutzmaßnahme, die kontraproduktiv ist. Wie sie erklären, würde eine erfolgreiche Aufforstung der Arktis die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre reduzieren. Die Wälder hätten jedoch den Effekt, dass ein geringerer Anteil des Sonnenlichts in den Weltraum zurückreflektiert wird, ohne in Wärme umgewandelt zu werden. Dieser Effekt wäre in den arktischen und subarktischen wichtiger für die Energiebilanz als die CO₂-Speicherung der Bäume.

„Die Klimadebatte ist sehr kohlenstofforientiert, weil der Hauptweg, wie der Mensch das Klima der Erde im letzten Jahrhundert verändert hat, durch die Emission von Treibhausgasen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe erfolgte. Aber im Kern ist der Klimawandel das Ergebnis davon, wie viel Sonnenenergie in die Atmosphäre gelangt, wie viel zurückreflektiert wird und wie viel letztlich auf der Erde verbleibt – die sogenannte Energiebilanz der Erde.“

Die Wissenschaftler empfehlen deshalb eine ganzheitlichere Sicht auf Ökosysteme, um Maßnahmen zu entdecken, die das übergeordnete Ziel, also die Verlangsamung des Klimawandels, nicht gefährden.

„Ein ganzheitlicher Ansatz ist nicht nur eine reichhaltigere Art, die Klimaauswirkungen naturbasierter Lösungen zu betrachten, sondern unerlässlich, wenn wir in der realen Welt etwas bewirken wollen.“

Nature Geoscience, doi: 10.1038/s41561-024-01573-4

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