Robert Klatt
Dank eines neuen Katalysators kann CO₂ mehr als viermal so effizient in Allylalkohol umgewandelt werden wie zuvor. Allylalkohol ist ein Grundstoff für die Produktion von Kunststoffen, Klebstoffen und Desinfektionsmitteln, eignet sich aber auch zur Herstellung von Treibstoffen.
Gwangju (Südkorea). Die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre hat laut Daten der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) seit 2004 um mehr als zehn Prozent zugenommen. Forscher der University of Leeds haben kürzlich ermittelt, dass das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens schon bald überschritten wird, wenn diese Entwicklung nicht gestoppt wird. Die Wissenschaft arbeitet deshalb an neuen Techniken, um CO₂ aus der Atmosphäre einzuspeichern oder in neue Materialien umzuwandeln.
Bisher ist vor allem die Umwandlung von CO₂ in alkoholbasierte Produkte vielversprechend, weil diese einen hohen Energiegehalt und eine große wirtschaftliche Bedeutung besitzen. Die industrielle Umwandlung ist bisher aber an der schlechten Skalierbarkeit und der geringen Effizienz gescheitert.
Forscher des Gwangju Institute of Science and Technology (GIST) haben nun ein neues elektrochemisches Verfahren entwickelt, das CO₂ mit einer Rekordeffizienz in Allylalkohol, eine chemische Verbindung mit verschiedenen industriellen Anwendungen, umwandelt.
„Allylalkohol (C3H6O) ist eine sehr nützliche Substanz, die in verschiedenen chemischen Reaktionen eingesetzt werden kann. Doch die Herstellung solcher höherwertigen Flüssigverbindungen ist schwierig – wegen der komplexen Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen und der geringen Stabilität der Zwischenprodukte.“
Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Catalysis nutzt die elektrochemische Reduktion die phosphorreiche Kupferverbindung Kupferphosphid (CuP₂) als Katalysator. Die Chemiker haben die Kupferverbindung in eine Membran-Elektroden-Anordnung integriert und mit einem Oxidationskatalysator aus Nickel und Eisen (NiFe) kombiniert.
Die elektrochemische Reduktion läuft dank des neuen Katalysators mit einer Effizienz von 66,9 Prozent ab. In der Chemie gilt eine so hohe Effizienz als Beleg dafür, dass das gewünschte Produkt gezielt erzeugt wird und die bestehenden Nebenreaktionen auf ein Minimum reduziert wurden. Die zuvor entwickelten Verfahren haben eine Effizienz von unter 15 Prozent. Das neue System übertrifft zudem bei der partiellen Stromdichte, der Produktionsrate und der Flächenstromdichte die älteren Verfahren.
Der Reaktionsmechanismus unterscheidet sich gegenüber herkömmlichen Methoden deutlich, weil kein Kohlenmonoxid als Zwischenprodukt entsteht. Stattdessen wird die Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindung bei der Umwandlung von Formiat zu Formaldehyd erzeugt, was eine unmittelbare Gewinnung von Flüssigprodukten erlaubt.
Allylalkohol ist in der Industrie ein begehrter Rohstoff, der sich unter anderem für die Produktion von Kunststoffen, Klebstoffen und Desinfektionsmitteln eignet. Die Forscher bezeichnen ihre Technik deshalb als Meilenstein für die industrielle CO₂-Nutzung. Sie zeigt, dass CO₂, ein Molekül mit nur einem Kohlenstoffatom, gezielt in höherwertige Mehrkohlenstoffverbindungen umgewandelt werden kann.
„Diese CO₂-Umwandlungstechnologie könnte neue Geschäftsfelder für Kohle-, Petrochemie- und Stahlindustrien eröffnen, die unter zunehmendem Emissionsdruck stehen. Wir sehen darin einen entscheidenden Baustein auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft – durch skalierbare Wissenschaft und Technik.“
Eine Erweiterung der Forschung könnte es zudem erlauben, komplexere Moleküle aus CO₂ zu gewinnen und unter anderem Treibstoffe aus ihnen zu produzieren.
„Durch die Integration in kontinuierliche Strömungsprozesse und Zero-Gap-Membran-Elektroden-Systeme könnte die nachhaltige Herstellung von flüssigen Kraftstoffen und chemischen Vorprodukten aus CO₂ Realität werden – ein wichtiger Schritt zur Abkehr von fossilen Brennstoffen.“
Nature Catalysis, doi: 10.1038/s41929-025-01341-6