Ostsee und Nordsee untersucht

Mikroplastik schadet Fischen und Verbrauchern nicht

Robert Klatt

Fisch-Embryonen in einer mit Mikroplastikfasern belasteten Eihülle )tutitsnI-nenühT(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Inzwischen findet man Mikroplastikpartikel in allen Fischen und anderen Meerestieren
  • Laut einer Studie des Thünen-Instituts für Fischereiökologie führt die aktuelle Mikroplastikkonzentration in der Nord- und Ostsee jedoch zu keiner Beeinträchtigungen der Fischgesundheit oder deren Fortpflanzung
  • Auch die Gesundheit der Menschen ist durch den Verzehr der Fische nicht gefährdet

Das Mikroplastik in der Nord- und Ostsee führt laut einer Studie zu keiner Beeinträchtigungen der Fischgesundheit und ist kein Gesundheitsrisiko für Verbraucher.

Bremerhaven (Deutschland). In den letzten Jahren haben unterschiedliche Studien die Mikroplastikbelastung des Atlantiks und andere Meere untersucht. Dabei wurde entdeckt, dass selbst die Tiefsee inzwischen stark mit den kleinen Plastikpartikeln kontaminiert ist. Wie sich das Mikroplastik am im Meereswasser und am Meeresboden, etwa im Tyrrhenischen Meer vor Korsika, auf die Ökosysteme auswirkt, konnte die Wissenschaft bisher jedoch noch nicht beantworten.

Forscher des Thünen-Instituts für Fischereiökologie haben im Rahmen des Projekts PlasM (PDF) nun untersucht, wie sich Mikroplastik auf Fische auswirkt. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Science of The Total Environment gaben sie dazu Stichlinge neun Wochen lang ein Futter, das so viel Mikroplastik enthält wie das Meerwasser. Die Kontrollgruppen erhielten Futter mit natürlichen Fasern aus Baumwolle oder faserfreies Futter.

Keine Beeinträchtigungen der Fischgesundheit

„Die geringen Mengen von Mikroplastik, die von Fischen in der Nord- und Ostsee aufgenommen werden, führen nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu keinen Beeinträchtigungen der Fischgesundheit und stellen kein Gesundheitsrisiko für Verbraucher dar“, erklären die Autoren.

Auch bei moderat höheren Mikroplastikkonzentrationen ist laut dem Team um den Fischereiökologen Jörn Peter Scharsack keine Schädigungen der Fische zu erwarten.

Zehn Mikroplastikpartikel pro Fisch

Zudem untersuchten die Wissenschaftler im Rahmen der vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderten Studie die Mikroplastikpartikelkonzentration in der Nordsee und Ostsee. In der Nordsee entdeckten sie 70,7 Müllteile pro Quadratkilometer, in der Ostsee 9,6. Ein Großteil des Abfalls in der Nordsee bestand aus Plastik (91,3 %). In der Ostsee war der Plastikanteil deutlich geringer (62,2 %). Ein Großteil des Plastikmülls sammelt sich in beiden Meeren am Grund (80 %), wo es durch Umwelteinflüsse in kleine Partikel zerfällt.

Die Anzahl der Mikroplastikpartikel ermittelten die Forscher mit Fischen, die zweimal jährlich mit Grundschleppnetzen in der Nord- und Ostsee gefangen wurden. Sie konzentrierten sich dabei auf Klieschen und Heringe. Im Mittel fanden die Wissenschaftler im Verdauungstrakt der Tiere zehn Partikel.

Geringere Befruchtungsrate durch Mikroplastik?

Überdies untersuchten die Forscher, ob Mikroplastik die Befruchtungsrate von Fischen und die Entwicklung der Embryonen und Larven beeinflusst. Die Experimente wurden mit Dreistachligen Stichlingen aus der Wesermündung bei Bremerhaven durchgeführt. Außerdem untersuchten die Forscher das Immunsystem der Stichlinge. Laut Analysen des Blutbilds führt die aktuelle Mikroplastikkonzentration bei den Fischen nicht zu erhöhten Entzündungswerten. Auch die Befruchtungsrate und die Entwicklung der Jungtiere wird laut der Studie nicht negativ durch das Plastik beeinflusst.

„Die effiziente Ausscheidung der Fasern mit dem Kot verhindert voraussichtlich schädliche Auswirkungen von Mikroplastik-Fasern auf Fische - auch bei Faserkonzentrationen deutlich über aktuellen Messwerten in der Umwelt“, erklärt Scharsack

Laut Scharsack sind die Studienergebnisse auch auf andere Fische und sogar auf andere Wirbeltiere übertragbar, weil das Darmsystem in seinen Grundstrukturen vergleichbar aufgebaut ist.

"Ich würde so weit gehen, dass man sie im Prinzip auf alle Wirbeltiere übertragen kann. Unsere Untersuchungen zeigen nicht, dass die zunehmende Vermüllung des Meeres mit Plastik unproblematisch ist. Nur konkrete Hinweise, dass die Aufnahme von Mikroplastik die Gesundheit der Fische beeinträchtigt oder die Entwicklung hemmt, haben sich nicht ergeben", so Scharsack.

Science of The Total Environment, doi: 10.1016/j.scitotenv.2022.153077

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