Erwärmung der Ozeane

Fische in der Tiefsee wurden durch Klimawandel kleiner

Robert Klatt

Laternenfisch (Myctophum punctatum) )0.3 AS-YB CC - gro.aidepikiw.ed(Foto: © 

Fische in der Tiefsee wurden durch die Erwärmung der Ozeane deutlich kleiner. Entdeckt wurde dies durch die Analyse von 700.000 bis 800.000 Jahre alten Fossilien. Sollte die Entwicklung anhalten, beschleunigt dies den Klimawandel zusätzlich.

Wien (Österreich). Eine Studie der Universität Wien und des Institut de Ciències del Mar (ICM-CSIC) zeigt, dass Tiefseefische, die in der Dunkelheit der Dämmerzone, 200 bis 1.000 Meter unter Wasseroberfläche leben, durch die globale Erwärmung der Ozeane kleiner geworden sind. Laut der Publikation im Fachmagazin Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences haben die Wissenschaftler diese Erkenntnisse durch die Analyse von fossilen Otolithen erlangt.

Es handelt sich dabei um winzige Steine aus dem Innenohr von Knochenfischen, die für das Gleichgewicht und die Wahrnehmung von Geräuschen essenziell sind. Die Otolithen stammen aus700.000 bis 800.000 Jahre alten Sedimentformationen auf der Insel Rhodos im Ägäischen Meer.

Analyse der Otolithen offenbart Größenveränderungen

Die spezifische Beschaffenheit dieser Strukturen ist einzigartig für jede Fischart, und ihre Größe spiegelt unmittelbar die Größe des jeweiligen Fisches wider. Wie Konstantina Agiadi erklärt, konnten die Forscher somit die Fischarten identifizieren und Veränderungen in ihrer Körpergröße über glaziale und interglaziale Zeiträume hinweg beobachten.

„Dank der Otolithenanalyse haben wir festgestellt, dass die Fische während der interglazialen Periode um 35 Prozent kleiner waren, als die globale Temperatur um 4 Grad Celsius gestiegen war, was aufgrund der Erwärmung der Ozeane heutzutage wieder passieren könnte.“

Erste Untersuchung der Dämmerzone

Laut anderen Studien, die sich mit den von Licht durchdrungenen Zonen der Meere beschäftigt haben, könnte die Größe der Fische in Wassertiefen bis 200 Meter bis zum Jahr 2050 um 14 bis 24 Prozent im Vergleich zu den frühen 2000er-Jahren sinken.

„Bisher gab es jedoch kaum Studien, die sich mit den Folgen der Klimaerwärmung auf die tieferen Meeresschichten, die Dämmer- oder mesopelagische Zone, befassten.“

Fische aus der Dämmerzone und Tiefsee wurden hingegen bisher kaum untersucht, obwohl sie eine essenzielle Position in den marinen Ökosystemen einnehmen. Insbesondere Laternenfische, eine Gruppe kleiner mesopelagischer Fische, die dafür bekannt sind, ihr eigenes fahles blaues, grünes oder gelbes Licht zu erzeugen und mehr als die Hälfte der gesamten Fischbiomasse in der Tiefsee zu repräsentieren, übertrumpfen die jährlichen weltweiten Fischfangmengen um das Hundertfache.

Auswirkungen auf die biologische Kohlenstoffpumpe

Wie Marta Coll erklärt, kann die reduzierte Größe der Laternenfische nicht nur die Ökosysteme und die Nahrungskette in der Dämmerzone gefährden, sondern auch das Klima destabilisieren.

„Es ist entscheidend zu wissen, wie diese Organismen auf die Erwärmung der Ozeane reagieren, da sie zur Stabilität des Ökosystems beitragen, atmosphärisches Kohlendioxid reduzieren und eine enorme Nahrungsquelle für andere Organismen in der marinen Nahrungskette sind.“

Laternenfische spielen eine wesentliche Rolle bei der biologischen Kohlenstoffpumpe, einem natürlichen Prozess zur Reduzierung von atmosphärischem Kohlendioxid. Zunächst nehmen Phytoplanktonorganismen CO₂ aus der Atmosphäre durch Photosynthese auf. Laternenfische steigen dann jede Nacht hunderte Meter zu den Ozeanoberflächen auf und kehren zur mesopelagischen Zone zurück, wodurch sie große Mengen an Kohlenstoff von der Oberfläche in die Tiefen der Ozeane transportieren.

Auch Martin Zuschin sieht in den Studienergebnissen besonders hinsichtlich des Klimawandels Anlass zur Sorge.

„Das Schrumpfen der mesopelagischen Fische dürfte sich daher auch in näherer Zukunft negativ auf die Fähigkeit der Ozeane auswirken, atmosphärisches Kohlendioxid aufzunehmen – und das sind leider mit Bezug auf die aktuelle Klimaerwärmung alarmierende Nachrichten.“

Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, doi: 10.1098/rspb.2022.1994

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