Entwicklung des Universums

Verteilung der Dunklen Materie passt nicht zum Standardmodell

Robert Klatt

Daten des South Pole Telescopes analysiert )epocseleT eloP htuoS(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Eine neue Karte der kosmischen Materieverteilung, die mit Messdaten eines optischen und eines Radioteleskops erstellt wurde, bestätigt, dass die Verteilung der Dunklen Materie und Materie nicht zum Standardmodell der Astronomie passt
  • Die Ergebnisse sind ein starker Hinweiß darauf, dass physikalischen Entwicklungsprozesse des Universums anders waren, als bisher angenommen wurde

Astronomen haben mit unterschiedlichen Messmethoden die genaueste Karte der kosmischen Materieverteilung erstellt. Die neue Karte bestätigt, dass die Verteilung der Dunklen Materie und Materie nicht zum Standardmodell der Astronomie passt. Die physikalischen Entwicklungsprozesse des Universums waren demnach wahrscheinlich anders, als bisher angenommen wurde.

Honolulu (U.S.A.). Große Strukturen wie langgestreckte Filamente, kosmischen Leerzonen (Voids) und Galaxienhaufen prägen die Materieverteilung im Universum. Ein Standardmodell der Astronomie geht davon aus, dass diese Fluktuationen von Strahlung und Materie schon in der Anfangszeit des Universums entstanden sind und dass die kosmische Expansion die Dichteschwankungen verstärkte und damit die heutige Verteilung der Materie im Weltraum erzeugte.

Neue Karten haben in den letzten Jahren aber mehrmals Diskrepanzen in der Materieverteilung offenbart. Die normale und die Dunkle Materie scheint demnach aktuell zu gleichmäßig verteilt zu sein, wenn man diese mit der Fluktuationen im frühen Universum, die an der kosmischen Hintergrundstrahlung ablesbar ist, vergleicht. Deutlich werden die Diskrepanzen unter anderem beim S8-Parameter, einem Scherungsfaktor der zeigt, wie stark bei einer bestimmten Durchschnittsdichte die Dichte der Materie schwankt.

Diskrepanzen durch Teleskope und Messmethoden?

Wissenschaftler der University of Hawaii und der University of Chicago haben nun untersucht, ob die beobachtenden Diskrepanzen durch die Eigenheiten der verwendeten Teleskope und Messmethoden entstehen. Laut ihren Publikationen im Fachmagazin Physical Review D (1, 2, 3) haben sie dazu Daten von zwei großen Himmelsdurchmusterungen Dark Energy Survey (DES), einem optischen Teleskop in der Atacama-Wüste und dem South Pole Telescope, einem Radioteleskop am Südpol, miteinander verglichen.

Die beiden Instrumente untersuchen die Verteilung der sichtbaren und unsichtbaren Materie im Kosmos mit unterschiedlichen Methoden. Das DES nutzt den schwachen Gravitationslinseneffekt, den Objekte im Vordergrund auf das Licht ferner Galaxien haben. Das South Pole Telescope beobachten die Verteilung der Materie zu unterschiedlichen Zeiten hingegen darüber, wie Gravitationslinsen die kosmische Hintergrundstrahlung beeinflussen.

Messdaten der beiden Teleskope kombiniert

Anschließend kombinierten die Astronomen die Messdaten der beiden Teleskope zu einer Karte. Laut Chihway Chang wurde ein solches Gesamtbild zuvor noch nicht erstellt.

„Diese Datenkombination ist wie eine Kreuzprobe. Die Messergebnisse sind viel robuster und genauer, als wenn man nur die eine oder die andere Methode nutzt.“

Die Astronomen konstatieren, dass ihre Methode die bisher genaueste Karte der kosmischen Materieverteilung lieferte.

„Die gekoppelte Analyse der Korrelationen zwischen den Galaxienpositionen, dem Gravitationslinseneffekt auf Galaxien und dem Linseneffekt auf den kosmischen Mikrowellenhintergrund liefert uns starke Eckwerte für die großräumige Struktur des Universums.“

Neue Karte bestätigt die Diskrepanzen

Die neue Karte der Materieverteilung bestätigt die bereits zuvor entdeckten Diskrepanzen. Laut den Messdaten liegt der S8-Parameter der aktuellen Materieverteilung bei einem Wert von 0,736 bis 0,74. Der Planck-Satellit hat für das frühe Universum jedoch einen deutlich höheren Wert gemessen, so Eric Baxter.

„Wir finden demnach weniger Fluktuationen in unserem heutigen Universum als wir aufgrund unseres kosmologischen Standardmodells vorhersagen würden.“

Im heutigen Universum ist die normale und Dunkle Materie also deutlich homogener verteilt als sie laut dem kosmologischen Standardmodell der kalten Dunklen Materie (ΛCDM) sein sollte. Diese starken Abweichungen sind laut den Autoren ein deutlicher Hinweis darauf, dass das kosmologische Modell fehlerhaft oder unvollständig ist. Sie erklären zudem, dass in der Entwicklung des Universums physikalische Prozesse aktiv gewesen sein mussten, die nicht durch die bekannten Prozesse und Kräfte erklärt werden können.

Physical Review D, doi: 10.1103/PhysRevD.107.023529

Physical Review D, doi: 10.1103/PhysRevD.107.023530

Physical Review D, doi: 10.1103/PhysRevD.107.023531

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