Gravitationsbrunnen

Beeinflusst eine „fünfte Kraft“ die Dunkle Materie?

 Robert Klatt

Gravitationsbrunnen mit Dunkler Materie (Symbolbild) )kcotS ebodA2TXnomis(Foto: © 

Die Dunkle Materie folgt laut einer Analyse ihres Verhaltens in Gravitationsbrunnen denselben vier fundamentalen Kräften wie sichtbare Materie. Es ist jedoch möglich, dass ihr Verhalten noch von einer „fünften Kraft“ beeinflusst wird, die bisher unbekannt ist.

Genf (Schweiz). Materie wird von vier fundamentalen Kräften, der Gravitation, den starken und schwachen Kernkräften, die innerhalb von Atomen wirken, und dem Elektromagnetismus beeinflusst. In der Physik besteht schon seit Langem die Frage, ob auch die Dunkle Materie, eine unsichtbare, bislang nur theoretisch nachgewiesene Form von Materie, die weder Licht aussendet noch reflektiert, denselben physikalischen Gesetzen unterliegt oder ob sie durch eine bisher unbekannte Kraft beeinflusst wird.

Forscher der Universität Genf haben nun eine Studie publiziert, die das Verhalten von Dunkler Materie im Maßstab des Universums untersucht hat. Laut den Ergebnissen folgt auch Dunkle Materie den Gesetzen der klassischen Physik, verhält sich also wie normale Materie. Die Daten zeigen jedoch, dass eine bisher unbekannte Wechselwirkung, also eine „fünfte Kraft“, die Dunkle Materie beeinflussen könnte.

Dunkle Materie in einem Gravitationsbrunnen

Um zu analysieren, wie sich Dunkle Materie im kosmischen Maßstab verhält, haben die Wissenschaftler analysiert, ob Dunkle Materie, die rund fünfmal so viel Masse im Universum ausmacht, wie alle sichtbare Materie zusammen, sich im Gravitationsbrunnen des Universums so wie sichtbare Materie bewegt. Gravitationsbrunnen sind Regionen mit sehr hoher Dichte, die im Weltraum entstehen, wenn massereiche Objekte wie Sterne oder Galaxien den Raum krümmen und dadurch Materie anziehen.

Innerhalb eines Gravitationsbrunnens folgen Planeten, Sterne und Galaxien den bekannten physikalischen Gesetzen, die etwa aus Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie und den Gleichungen von Leonhard Euler stammen. Ob Dunkle Materie in einem Gravitationsbrunnen ebenfalls diesen Gesetzen folgt oder ob es Abweichungen gibt, war bisher unbekannt.

„Um diese Frage zu beantworten, verglichen wir die Geschwindigkeiten der Galaxien im Universum mit der Tiefe der Gravitationsbrunnen. Wenn Dunkle Materie keiner zusätzlichen Kraft unterliegt, sollten Galaxien, die überwiegend aus Dunkler Materie bestehen, ausschließlich durch die Gravitation in diese Brunnen fallen. Sollte es jedoch eine fünfte Kraft geben, würde sie die Bewegung der Galaxien beeinflussen. Durch den Vergleich der Brunnen-Tiefe mit den Galaxiengeschwindigkeiten lässt sich somit testen, ob eine solche Kraft existiert.“

Euler’sche Gleichungen gelten auch bei Dunkler Materie

Die Analyse der aktuellen kosmologischen Daten zeigt, dass sich dunkle Materie in einem Gravitationsbrunnen so wie gewöhnliche Materie verhält, also den Eulerschen Gleichungen entspricht. Dies schließt aber nicht aus, dass Dunkle Materie neben den vier bekannten Grundkräften von einer weiteren Kraft beeinflusst wird.

„Diese Schlussfolgerungen schließen das Vorhandensein einer unbekannten Kraft derzeit noch nicht aus. Sollte eine solche fünfte Kraft existieren, dürfte ihre Stärke jedoch höchstens sieben Prozent der Gravitation betragen, andernfalls wäre sie bereits in unseren Analysen sichtbar geworden.“

Wie die Forscher erklären, sind die Ergebnisse ein bedeutender Fortschritt bei der Erforschung der Dunklen Materie. Kommende Studien mit detaillierten kosmischen Daten sollen untersuchen, ob diese tatsächlich von einer fünften Kraft beeinflusst wird.

„Zukünftige Daten aus neuen Projekten wie LSST und DESI werden empfindlich genug sein, um selbst Kräfte zu erkennen, die nur zwei Prozent der Stärke der Gravitation besitzen. Damit könnten wir das Verhalten der Dunklen Materie noch genauer verstehen.“

Quellen:

Studie im Fachmagazin Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-025-65100-8

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