Integrierte Bakterien

Revolution im Recycling: „Lebendiges Plastik“ zersetzt sich selbst

Robert Klatt

Thermoplastisches Polyurethan (TPU) (links) und Bakteriensporen (rechts) )(DSCU) ogeiD naS ,ainrofilaC fo ytisrevinUtolliaB divaD(Foto: © 

In der Umwelt sammelt sich immer mehr Plastikmüll. Ein neuer Kunststoff mit integrierten Bakterien kann sich am Ende seines Lebenszyklus selbst zersetzen und damit die weitere Vermüllung reduzieren.

La Jolla (U.S.A.). In der Umwelt sammelt sich immer mehr Plastikmüll. Ein Großteil davon befindet sich laut einer Studie der Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO) auf dem Meeresgrund. Forscher der University of California, San Diego (UCSD) haben deshalb einen neuen Typ von Bioplastik entwickelt, das sich am Ende seines Lebenszyklus selbst zersetzen kann.

Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Communications haben die Wissenschaftler um Jon Pokorski dazu in das thermoplastische Polyurethan (TPU), einen weichen, aber haltbaren Kunststoff, der unter anderem für Bodenmatten und Polster verwendet wird, Bakteriensporen eingebaut. Wenn diese Bakterien mit Nährstoffen in Kontakt kommen, fangen sie an, den Kunststoff abzubauen.

„Es ist eine inhärente Eigenschaft dieser Bakterien. Wir haben einige Stämme genommen und ihre Fähigkeit bewertet, TPU als alleinige Kohlenstoffquelle zu nutzen, und dann denjenigen ausgewählt, der am besten wuchs.“

Hohe Widerstandsfähigkeit der Bakteriensporen

Bakteriensporen, also die ruhende Form von Bakterien, besitzen eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen harte Umweltbedingungen. Dank ihrer schützenden Eiweißschilde können sie im Plastik in einem vegetativen Zustand überleben. Um den innovativen Kunststoff herzustellen, haben die Forscher Bacillus subtilis Bakteriensporen und TPU-Pellets gemischt und anschließend bei 135 Grad Celsius geschmolzen. Das Plastik wurde dann in Form von dünnen Streifen extrudiert.

Damit die Bakteriensporen die hohe Temperatur überstehen, haben die Wissenschaftler sie laut Adam Feist evolutionär angepasst. Sie konnten so einen Bakterienstamm züchten, der durch die Extrusionstemperatur nicht zerstört wird.

„Wir haben die Zellen immer wieder weiterentwickelt, bis wir bei einem Stamm ankamen, der optimiert ist, um die Hitze zu tolerieren. Es ist erstaunlich, wie gut dieser Prozess der bakteriellen Evolution und Auswahl für diesen Zweck funktioniert hat.“

Biologische Abbaubarkeit des Kunststoffs

Um die biologische Recyclingfähigkeit des Kunststoffs zu analysieren, haben die Forscher die Streifen sowohl in mikrobiell aktiven als auch in sterilen Kompostumgebungen platziert. Diese hatten eine Temperatur von 37 Grad Celsius und eine Luftfeuchtigkeit von 44 bis 55 Prozent. Sie beobachteten dabei, dass das Wasser und andere Nährstoffe im Kompost eine Keimung der Bakteriensporen ausgelöst haben. Nun fünf Monaten war der Kunststoff größtenteils zersetzt (90 %).

„Was bemerkenswert ist, ist, dass unser Material auch ohne die Anwesenheit zusätzlicher Mikroben abgebaut wird. Es ist wahrscheinlich, dass die meisten dieser Kunststoffe nicht in mikrobiell reichen Kompostierungsanlagen enden werden. Diese Fähigkeit zur Selbstdegradation in einer mikrobenfreien Umgebung macht unsere Technologie vielseitiger.“

Weitere Studien sollen untersuchen, welche Rückstande beim Abbau des Materials entstehen. Zudem erklären die Forscher, dass die verbleibende Bakteriensporen wahrscheinlich harmlos sind. Bacillus subtilis gelten aus ungefährlich für den Menschen und Tiere und wurden unter anderem in Probiotika verwendet.

Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-024-47132-8

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