Robert Klatt
Der Klimawandel führt immer öfter zu Extremwetterereignissen wie Hitzewellen, Dürren und Hochwasser. Nun wurde analysiert, ob Parteien auf diese Auswirkungen des Klimawandels reagieren, etwa indem sie mehr Klimaschutzmaßnahmen fordern.
London (England). Im Film Don’t Look Up (2021) steuert ein Komet direkt auf die Erde zu. Obwohl die Beweise der Forschung dafür eindeutig sind, reagieren die Politik, die Medien und die Öffentlichkeit nicht angemessen auf die existentielle Bedrohung. Weil der Komet im Film als Symbol für den realen Klimawandel gedeutet werden kann, haben Wissenschaftler der London School of Economics and Political Science (LSE) nun untersucht, ob die Politik auf den Klimawandel und die daraus resultierenden Wetterextreme wie Hitzewellen und Hochwasser ähnlich reagiert.
Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Climate Change haben die Forscher 260.000 Pressemitteilungen von 68 Parteien aus neun europäischen Ländern aus den Jahren 2010 bis 2020 analysiert, um zu untersuchen, wie die Parteien auf extreme Wetterereignisse reagieren und ob diese Ereignisse die Aufmerksamkeit für Umweltthemen erhöhen.
Die Häufigkeit von Extremwetterereignissen haben die Forscher mithilfe von Daten zu tödlichen Stürmen, Überschwemmungen, Bränden und Hitzewellen erfasst. Es handelt sich dabei um Ereignisse, die durch den Klimawandel zunehmen und eigentlich eine politische Reaktion auslösen sollten. Anschließend haben sie mit einer Künstlichen Intelligenz (KI) die Extremwetterereignisse und die Pressemitteilungen verknüpft, um zu untersuchen, ob die Parteien auf die Auswirkungen des Klimawandels reagieren.
Die Analyse zeigt, dass Extremwetterereignisse, außer bei den Grünen, nicht dazu führen, dass Parteien in ihren Pressemitteilungen mehr über Umwelt- und Klimafragen sprechen. Bei den Grünen besteht die erhöhte Aufmerksamkeit zudem nur kurz und endet etwa eine Woche nach einem Extremwetterereignis wieder.
„Diese Ergebnisse sind besonders besorgniserregend, da wir die Reaktion der Parteien auf extreme Wetterereignisse unter Bedingungen untersuchen, die eigentlich eine Wirkung erwarten ließen.“
Die Pressemitteilungen zeigen zudem, dass Parteien zwar über die Auswirkungen der Extremwetterereignisse sprechen, diese aber nur selten durch den Klimawandel setzen.
„Eines muss man klarstellen: Diese Ergebnisse bedeuten nicht, dass Parteien bei extremen Wetterlagen schweigen. Sie sprechen darüber, nur eben nicht im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Stattdessen stehen Soforthilfe und Wiederaufbau im Mittelpunkt.“
Laut den Forschern könnte das Verhalten der Parteien auf eine Wahrnehmungslücke zwischen der Bevölkerung und der Politik zurückgehen. Es ist zudem denkbar, dass viele Parteien der Ansicht sind, dass ein stärkerer Fokus auf die Klimapolitik nachteilig sein könnte, weil neue Klimaschutzmaßnahmen wie Fahrverbote und die Förderung von erneuerbaren Energiequellen bei ihren Wählern nicht den nötigen Rückhalt haben.
„Politiker unterschätzen womöglich die Unterstützung der Öffentlichkeit für Klimapolitik und gehen daher davon aus, dass es sich politisch nicht lohnt, darüber zu sprechen.“
Außerdem sind die Forscher der Ansicht, dass die Parteien nicht unmittelbar nach Katastrophen über den Klimawandel sprechen möchten, um nicht den Eindruck zu erwecken, politisches Kapital daraus zu schlagen.
Nature Climate Change, doi: 10.1038/s41558-024-02024-z