Robert Klatt
Die globale Windgeschwindigkeit nimmt seit Jahrzehnten ab. Das sogenannte Wind Stilling nimmt durch den Klimawandel zu und könnte zu einem großen Problem für die Windenergie werden.
Illinois (U.S.A.). Die durchschnittliche globale Windgeschwindigkeit in der Nähe der Erdoberfläche nimmt kontinuierlich ab. Laut einer Übersicht von Horizont Europe der Europäischen Union (EU) ist sie seit den 1960er-Jahren im Mittel um 0,5 Kilometer pro Stunde (km/h) pro Jahrzehnt gesunken. In der Wissenschaft geht man davon aus, dass dieses als „Wind Stilling“ bezeichnete Phänomen auf den Klimawandel zurückgeht und durch die stetig steigenden Temperaturen in den kommenden Jahrzehnten weiter zunimmt. Obwohl die Abnahme der Windgeschwindigkeit nicht hoch zu sein scheint, können dadurch laut Dr. Azorin-Molina signifikante ökologische und ökonomische Probleme entstehen.
„Es gibt schwerwiegende Auswirkungen von Windänderungen in Bereichen wie Landwirtschaft und Hydrologie, insbesondere wegen des Einflusses des Windes auf die Verdunstung. Ein rückläufiger Trend bei der Windgeschwindigkeit kann die langfristige Energieproduktion beeinträchtigen, und schwächere Winde können auch zu einer geringeren Ausbreitung von Schadstoffen in Großstädten führen, was Luftqualitätsprobleme verschärft und somit die Gesundheit der Menschen beeinträchtigt.“
Gan Zhang von der University of Illinois Urbana-Champaign (UIUC) hat nun untersucht, wie sich das Wind Stilling in den kommenden Jahrzehnten entwickelt. Die Simulationen zeigen, dass der Wind in den Tropen und in den Polarregionen am meisten abnimmt. Die Windgeschwindigkeiten könnten hier bis 2050 um 15 Prozent sinken, während der prognostizierte Rückgang in Europa und Nordamerika bei „nur“ fünf Prozent liegt. In einigen Regionen soll die Windgeschwindigkeit laut der Publikation im Fachmagazin Environmental Research Letters zwischen 2071 und 2100 je nach Entwicklung des Klimawandels um 25 bis 40 Prozent sinken.
Berechnungen der Universität Leipzig zeigen, dass bereits ein Rückgang der Windgeschwindigkeit um nur fünf Prozent die Stromproduktion der Windkraftanlagen signifikant reduzieren würde. Deutschland, das beim Windenergieausbau in Europa führend ist, und andere Staaten, bei deren Stromproduktion die Windenergie einen hohen Anteil hat, könnten dadurch erhebliche Nachteile erleben.
„Die Windleistung wächst mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit. Mit anderen Worten: Eine Verdopplung der Windgeschwindigkeit ergibt die 8-fache Windleistung.“
Wie die Forscher erklären, ist es jedoch noch unklar, ob die negativen Auswirkungen des Wind Stilling durch effizientere oder noch größere Windkraftanlagen abgemildert werden können.
Environmental Research Letters, doi: 10.1088/1748-9326/adb1f8