Ernährung

Informationskampagnen senken Fleischkonsum dauerhaft, aber nicht bei allen

 Robert Klatt

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Informationskampagnen, die über die Klimafolgen der Fleischproduktion und über vegetarische Alternativen informieren, reduzieren den Fleischkonsum deutlich. Bei manchen Personen nimmt der Verzehr jedoch zu, weil die Informationen eine „Trotzreaktion“ auslösen.

Essen (Deutschland). Die Fleischproduktion ist für große Umwelt- und Klimaschäden verantwortlich. Laut einer Studie der Dänemarks Technischen Universität (DTU) kann eine nachhaltige Ernährung deshalb maximal 255 Gramm Fleisch pro Woche enthalten, darunter aber kein Rindfleisch, weil dessen Produktion bis zu 40-mal CO₂-intensiver als andere Proteinquellen ist. Die Wissenschaft untersucht angesichts dieser Problematik, ob es möglich ist, den Fleischkonsum der Menschen zu reduzieren, etwa durch Meatshaming („Fleischschämen“), bei dem die Lebensmittel mit Botschaften wie „Für dieses Stück Fleisch ist ein Tier gestorben!“ markiert sind.

Forscher des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung e. V. haben nun untersucht, ob Newsletter mit Informationen zum Fleischkonsum den Verzehr beeinflussen können. Sie haben dazu 1.400 Probanden, deren Ernährung normalerweise Fleisch enthält, zufällig in vier Gruppen unterteilt. Drei Gruppen erhielten über einen Zeitraum von vier Monaten alle zwei Wochen einen Newsletter zu einem Thema, nämlich Informationen zu den Klimafolgen von Fleisch, vegetarische Rezepte oder eine Kombination daraus. Die Kontrollgruppe hat keine Newsletter erhalten.

Änderungen der Ernährungsgewohnheiten?

Anschließend haben sie über einen Zeitraum von 14 Monaten untersucht, ob die Newsletter zu Änderungen der Ernährungsgewohnheiten geführt haben. Die Daten zeigen, dass Menschen, mit einem hohen Fleischkonsum von mehr als 3,5 Kilogramm pro Monat ihre Ernährungsgewohnheiten durch die zusätzlichen Informationen kaum ändern. Manche Personen aus dieser Gruppe haben ihren Fleischkonsum im Studienzeitraum sogar deutlich erhöht.

„Fleischessen ist hochgradig habituell. Wer aus Gewohnheit täglich Fleisch isst, lässt sich von Informationen kaum beeinflussen.“

Forscher der Otto-Friedrich-Universität Bamberg haben bereits 2023 eine Studie publiziert, laut der dafür die sogenannte psychologische Reaktanz verantwortlich ist. Es handelt sich dabei um eine Art „Trotzreaktion“, die dazu führt, dass Personen, die sich in ihrer Freiheit eingeschränkt fühlen, trotz neuer Informationen ein problematisches Verhalten beibehalten oder verstärken.

„Das ist zunächst kontraintuitiv. Zu erwarten war, dass Informationen dort wirken, wo das Wissen noch gering ist. Tatsächlich verstärken sie bestehende Tendenzen oder haben überhaupt keine Auswirkungen.“

Personen mit einem Fleischkonsum von unter 3,5 Kilogramm monatlich haben hingegen ihren Fleischkonsum im Studienzeitraum reduziert. Im Mittel haben sie zu Beginn zwei Kilogramm Fleisch pro Monat konsumiert. Die Menge ging durch die Newsletter um 0,5 bis 0,75 Kilogramm zurück.

„Die Intervention wirkte dort, wo der Fleischkonsum ohnehin schon niedrig war. Offenbar bringen Menschen mit wenig Fleischkonsum Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmale mit, die sie für solche Botschaften empfänglich machen. Noch überraschender sei ein anderer Befund: „In den meisten Studien verpufft der Effekt von Verhaltensinterventionen schnell wieder. Bei uns verstärkte er sich sogar über die Zeit.“

Reduzierte CO₂-Emissionen durch Fleischverzicht

Im Mittel ging der Fleischkonsum bei den Probanden pro Monat um 0,17 Kilogramm zurück. Die CO₂-Emissionen sinken dadurch um etwa zehn Kilogramm pro Jahr, was rund 0,1 Prozent der deutschen Pro-Kopf-Emissionen entspricht.

„Newsletter sind kein effektives Klimaschutzinstrument. Wenn die Gesellschaft den durch Ernährung verursachten CO₂-Ausstoß reduzieren möchte, wäre es sinnvoll, den Sektor Landwirtschaft in das Europäische Emissionshandelssystem zu integrieren. Der Emissionshandel hat sich in anderen Bereichen bereits bewährt und lässt den Verbrauchern die Wahl.“

Angesichts der Ergebnisse schlussfolgern die Wissenschaftler, dass Informationskampagnen nur einen geringen Effekt haben. Es sind deshalb andere Ansätze erforderlich, um den Fleischkonsum zu reduzieren.

„Um den Fleischkonsum zu reduzieren, reicht es nicht aus, lediglich die Vorteile der vegetarischen Ernährung zu betonen. Informationskampagnen erreichen vor allem Menschen, die bereits aufgeschlossen sind. Für Menschen mit hohem Fleischkonsum braucht es andere Ansätze.“

Quellen:

Pressemitteilung des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung e. V.

Studie im Fachmagazin Ruhr Economic Papers, doi: 10.4419/96973365

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