Laserinduzierte Kernfusion

Unerwarteter Energieüberschuss im Fusionsplasma beobachtet

Robert Klatt

Unerwarteter Energieüberschuss bei der laserinduzierten Kernfusion )(LNLL) yrotarobaL lanoitaN eromreviL ecnerwaLcevoldeJ noD(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Physiker der National Ignition Facility (NIF) haben kürzlich mit der laserinduzierten Kernfusion den brennenden Plasmazustand erreicht
  • Nun analysierte Messdaten zeigen, dass es dabei zu einem unerwarteten Energieüberschuss gekommen ist, der durch die Modelle der Physik nicht erklärt werden kann
  • Bei der gemessenen Teilchenenergie hätte das Plasma etwa 2,5-mal heißer sein müssen

Bei der laserinduzierten Kernfusion wurde ein mysteriöser Energieüberschuss gemessen, der laut der Maxwell-Boltzmann-Verteilung nicht existieren dürfte. Wieso die unerwartet energiereichen Neutronen im brennenden Fusionsplasma mehr Energie haben, als sie bei den Temperaturen haben sollten, konnten die Physiker noch nicht erklären.

Livermore (U.S.A.). Die Kernfusion könnte in Zukunft den zunehmenden Energiebedarf der Menschen decken. Noch ist aber nicht klar, auf welcher Fusionstechnik die dazu nötigen Fusionskraftwerke basieren werden. Am weitesten fortgeschritten ist die Laserfusion, mit der Physiker an der National Ignition Facility (NIF) kürzlich den brennenden Plasmazustand erreicht haben.

In dem Experiment wurden Deuterium-Tritium-Ionen in einem winzigen Hohlraum mit einem Laser mit einer Leistung von mehr als zehn Billiarden Watt für Sekundenbruchteile bestrahlt. Es kam dadurch zur Kernfusion im aufgeheizten und komprimierten Plasma. Die Fusionsenergie erreichte dabei erstmals 1,3 Megajoule. Das Plasma erreicht also fast den Punkt, an dem die Kernfusion sich ohne externe Energie selbst erhalten würde.

Laserfusion im brennenden Fusionsplasma

Physiker um Edward Hartouni und Alastair Moore vom Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL) haben nun eine Studie publiziert, die untersucht hat, was bei der laserinduzierten Kernfusion im brennenden Fusionsplasma abläuft. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Nature Physics analysierten sie dazu Messdaten zur Menge und Energie der Neutronen, die während der Fusion im Plasma freigesetzt wurden. Die Flugbahnen und Geschwindigkeiten der Neutronen wurden bei der Kernfusion mit speziellen Spektrometern aus allen Richtungen im Reaktorraum bis auf fünf Kilometer pro Sekunde genau dokumentiert.

Energieüberschuss widerspricht der Maxwell-Boltzmann-Verteilung

Laut den Messdaten besaßen viele der vom brennenden Fusionsplasma freigesetzten Neutronen eine Energie von etwa 14 Megaelektronenvolt. Ihre Geschwindigkeit im Fusionsreaktor lag bei über 51.000 Kilometer pro Sekunde.

Die Neutronen waren damit deutlich energiereicher als sie laut der Maxwell-Boltzmann-Verteilung und anderen Modellen der Physik sein dürften. Die Maxwell-Boltzmann-Verteilung beschreibt, dass die Energie der Neutronen unmittelbar im Verhältnis zur Energie der fusionierenden Atomkerne und der Temperatur des Fusionsplasmas steht. Die analysierten Messdaten der laserinduzierten Kernfusion vom NIF weichen jedoch von dieser Gleichung deutlich ab, weil sie laut Moore mehr Energie freisetzen, als sie bei der Temperatur des Plasmas dürften.

„Sobald die Implosion das Deuterium-Tritium-Plasma zum Brennen und Zünden brachte, übertrafen die Energien das für diese Reaktionen erwartete Energie.“

Das Plasma hätte laut den Modellen der Physik bei der dokumentierten Teilchenenergie etwa 2,5-mal heißer sein müssen.

Keine Erklärung für den Energieüberschuss bei der Kernfusion

Wieso es bei der Kernfusion zum gemessenen Energieüberschuss gekommen ist, konnten die Wissenschaftler mit den bekannten Mechanismen bisher nicht erklären. Laut ihnen sollen Messungen von weiteren Laserfusionen im NIF-Reaktor bei der Antwort helfen.

„Dies ist eine offene, experimentelle Frage. Hier sind fortgeschrittenere Simulationen nötig, um die Effekte zu verstehen.“

Nature Physics, doi: 10.1038/s41567-022-01809-3

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