Hohe CO₂-Emissionen

In Deutschland wird jedes vierte Paket zur Retoure

Robert Klatt

Lieferwagen von DHL in Hamburg mit vielen Retouren )kcotS ebodAtdimhcsotohp(Foto: © 

In Deutschland retournieren Kunden überdurchschnittliche viele Onlinebestellungen und verursachen dadurch hohe CO₂-Emissionen. Dies liegt primär an der oft kostenlosen Rücksendung und den langen Rückgabezeiträumen.

Bamberg (Deutschland). Eine Studie der Universität Bamberg zeigte, dass im Jahr 2018 in Deutschland etwa jedes sechste Paket zur Retoure wurde. Inzwischen hat sich die Situation laut weiter verschlechtert. Wie die Forschungsgruppe Retourenmanagement der Universität Bamberg berichtet, wurden im Jahr 2021 in Deutschland im Internet Waren für 99 Milliarden Euro verkauft. Rund ein Viertel der Bestellung wurde komplett oder teilweise retourniert. Insgesamt schickten die Käufer 530 Millionen Pakete mit 1,3 Milliarden Artikeln an die Onlinehändler zurück.

Laut Björn Asdecker liegt dies primär an den meistens kostenlosen Retouren. Gebühren oder Kostenbeteiligungen verlangt nur ein kleiner Teil der E-Commerce-Unternehmen (10 %). In den anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) ist der Anteil deutlich höher (50 %). Die Forscher der Universität Bamberg sind deshalb überzeugt, dass Rücksendegebühren in Deutschland die Anzahl der Retouren deutlich senken könnten.

Lange Rückgabezeiträume und Kauf auf Rechnung

Ein weiterer maßgeblicher Faktor sind die umfangreichen Rückgabezeiträume, die den Verbrauchern zur Verfügung gestellt werden. Im Vergleich zur restlichen EU räumen deutsche Händler im Durchschnitt einen signifikant größeren Zeitraum für die Rücksendung von Artikeln ein. Zudem präferieren deutsche Konsumenten im erheblichen Maße den Kauf auf Rechnung im Vergleich zu ihren europäischen Nachbarn. Dieser Zahlungsmodus erleichtert eine Rücksendung erheblich, verglichen mit Zustelloptionen wie Nachnahme, Lastschrift oder Vorkasse.

91 Prozent Kleidung und Schuhe

Ein Großteil der retournierten Artikel sind Kleidung und Schuhe (91 %). Es ist beachtenswert, dass lediglich ein Prozent der retournierten Artikel von den Händlern entsorgt wird. Über 93 Prozent der zurückgegebenen Waren können ohne Weiteres wieder in einem neuwertigen Zustand verkauft werden. Der verbleibende Anteil findet seinen Platz im B-Waren-Angebot, wird an industrielle Aufbereiter veräußert oder zur Spende freigegeben.

„Deutsche E-Commerce-Händler sind besonders gut darin, ihre Retouren zu verwerten. Der Entsorgungsanteil ist in Deutschland niedriger als im Rest Europas.“

Zudem arbeiten die Unternehmen laut Asdecker in Deutschland besonders effizient. Die Kosten pro Retoure liegen somit unterhalb der Konkurrenz aus dem Ausland.

„Pro Retourensendung belaufen sich die mittleren Transport- und Bearbeitungskosten auf 6,95 Euro. Dadurch ergibt sich ein Wettbewerbsvorteil für den deutschen E-Commerce.“

Hohe CO₂-Emissionen durch Rücksendungen

Die Analyse der Forschungsgruppe Retourenmanagement zeigt, dass Retouren im Jahr 2021 in Deutschland einen CO₂-Ausstoß von 795.000 Tonnen verursacht haben. Das entspricht ungefähr der Menge an CO₂, die 6,6 Millionen Autos auf einer Fahrt von München nach Hamburg emittieren würden. Die Befragung ergab jedoch, dass die Branche nur begrenzte Anstrengungen unternimmt, um ihren ökologischen Fußabdruck genauer zu bestimmen. Lediglich fünf Prozent der Unternehmen messen den CO₂-Fußabdruck von Rücksendungen.

Martin Groß-Albenhausen, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel (bevh) sieht die Arbeit der Forschungsgruppe Retourenmanagement positiv.

„Die Rücknahme von Waren gehört zum Verbraucherschutz und ist Teil eingespielter Prozesse im Online- und Versandhandel. Umso wichtiger ist die Forschung zu Rücksendegründen, Umfang, Vermeidbarkeit und Verwertung von Retouren aber auch zum konkreten Retourenverhalten.“

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