Hohe Entzündungswerte

Ultraverarbeitete Lebensmittel sind ähnlich schädlich wie Rauchen

 Robert Klatt

Ultraverarbeitete Lebensmittel in einem Supermarkt )kcotS ebodAsnoitcudorP adyS(Foto: © 

Menschen, deren Ernährung viele ultraverarbeitete Lebensmittel (UPFs) wie Softdrinks und Tiefkühlgerichte enthält, haben deutlich höhere Entzündungswerte. Ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen nimmt dadurch ähnlich zu wie bei Rauchern. Forscher fordern deshalb eine Regulierung der Produkte wie bei Tabak.

Boca Raton (U.S.A.). Ultraverarbeitete Lebensmittel (UPFs) wie Softdrinks, Tiefkühlgerichte und verarbeitetes Fleisch werden gezielt so entwickelt, dass sie lange haltbar und übermäßig konsumierbar sind. Sie enthalten meisten zahlreiche Zusatzstoffe und kaum Nährstoffe. Obwohl unterschiedliche Studien zeigen, dass der hohe Konsum von UPFs mit unterschiedlichen Gesundheitsrisiken, darunter ein höheres Risiko für Adipositas, Krebs, Herz- und Stoffwechselerkrankungen, verbunden ist, haben diese Lebensmittel in den U.S.A. einen hohen Anteil in der Ernährung von Erwachsenen (60 %) und Kindern (70 %).

Forscher der Florida Atlantic University (FAU) haben nun eine Studie publiziert, die einen deutlichen Zusammenhang zwischen UPFs und Entzündungsprozessen im Körper belegt. Menschen mit dem höchsten UPF-Konsum haben demnach deutlich höhere Werte des hochsensitiven C-reaktiven Proteins (hs-CRP), das in der Medizin als Indikator für Entzündungen und als Frühwarnzeichen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gilt. Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen nimmt bei ihnen deshalb ähnlich stark zu wie bei Rauchern.

„Das C-reaktive Protein wird in der Leber gebildet, und der hs-CRP-Test ist ein einfaches, kostengünstiges und zugleich sehr präzises Verfahren zur Messung von Entzündungen und ein verlässlicher Indikator für zukünftige Herz-Kreislauf-Erkrankungen.“

Ernährung beeinflusst Entzündungswerte

Die Studie basiert auf Daten von 9.254 Erwachsenen aus der National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES), die unter anderem die Ernährungsgewohnheiten und die hs-CRP-Werte erfasst hat. Die Forscher haben den Anteil der UPFs an der Ernährung anhand der täglichen Kalorienaufnahme ermittelt und die Probanden in vier Gruppen unterteilt. Anschließend haben sie mit statistischen Methoden den Zusammenhang zwischen UPFs und dem Entzündungswert bestimmt.

Die Analyse zeigt, dass Menschen mit dem höchsten UPF-Konsum, bei denen UPFs einen Anteil von 60 bis 79 Prozent an der Ernährung ausmachen, eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit (+ 11 %) für erhöhte hs-CRP-Werte haben. Bei Menschen mit einem moderaten Konsum (40 bis 59 %) ist das Risiko für erhöhte hs-CRP-Werte ebenfalls erhöht (+ 14 %), während das Risiko bei Menschen mit einem eher geringen Konsum (20 bis 39 %) kaum erhöht ist (+7 %).

„Diese Ergebnisse, basierend auf einer großen und repräsentativen Stichprobe erwachsener US-Bürger, zeigen eindeutig, dass Menschen mit dem höchsten Konsum stark verarbeiteter Lebensmittel deutlich höhere Werte des hochsensitiven C-reaktiven Proteins aufweisen, ein zentraler Entzündungsmarker.“

Laut den Daten sind zudem bestimmte Bevölkerungsgruppen besonders stark betroffen. Der untersuchte Entzündungswert ist bei Personen zwischen 50 und 59 Jahren deutlich öfter erhöht (+ 26 %) als bei Personen zwischen 18 und 29 Jahren. Außerdem haben fettleibige Menschen ein deutlich höheres Risiko als normalgewichtige Menschen (+ 80 %) und Raucher ein deutlich höheres Risiko als Nichtraucher (+ 17 %). Das Level der körperlichen Aktivität beeinflusst das Risiko für höhere Entzündungswerte hingegen nicht.

„Diese Resultate haben weitreichende Bedeutung – für die klinische Praxis, für die öffentliche Gesundheit und für künftige Forschungsarbeiten, die darauf abzielen, die Risiken des UPF-Konsums besser zu verstehen und zu verringern.“

Bessere Informationen durch Ärzte

Laut den Studienautoren sollten Ärzte und Ernährungsberater ihre Patienten angesichts des hohen Risikos besser über UPS informieren. Sie gehen zudem davon aus, dass die deutliche Zunahme von Darmkrebs in den U.S.A. auf den gestiegenen Konsum der verarbeiteten Lebensmittel zurückgehen könnte.

„Wir glauben, dass Ärztinnen und Ärzte ihre Patientinnen und Patienten aktiv über die Risiken stark verarbeiteter Lebensmittel und die Vorteile einer Ernährung mit unverarbeiteten Nahrungsmitteln aufklären sollten.“

Wie die Wissenschaftler erklären, bestehen deutliche Parallelen zum Tabakkonsum, bei dem es erst Jahrzehnte gedauert hat, bis die Politik aufgrund von wissenschaftlichen Erkenntnissen zu den Risiken entsprechende Maßnahmen eingeleitet hat. In den kommenden Jahrzehnten könnten ähnliche Schritte auch bei UPFs erfolgen.

„Die multinationalen Konzerne, die ultra-verarbeitete Lebensmittel herstellen, besitzen heute eine enorme wirtschaftliche und politische Macht, ähnlich wie einst die Tabakindustrie. Deshalb werden politische Maßnahmen zur Förderung unverarbeiteter Lebensmittel und zur Reduzierung des UPF-Konsums Zeit benötigen. Dennoch sind staatliche Initiativen zur Begrenzung schädlicher Zusatzstoffe, bessere Kennzeichnungspflichten und gesündere Angebote in Schulen und Programmen wichtige Schritte in die richtige Richtung.“

Die Forscher betonen jedoch auch, dass in den U.S.A. viele Menschen aus sozial schwachen Schichten auf UPFs angewiesen sind, weil sie sich teurere, aber gesündere Lebensmittel nicht ausreichend leisten können. Eine Gesundheitsstrategie muss deshalb nicht nur vor den Risiken der UPFs warnen, sondern auch den Zugang zu gesunden Alternativen erleichtern.

Quellen:

Pressemitteilung der Florida Atlantic University (FAU)

Studie im Fachmagazin The American Journal of Medicine, doi: 10.1016/j.amjmed.2025.08.016

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