Selektive Behandlung

Krebs durch genmodifizierte Herpesviren geheilt

Robert Klatt

Genmodifiziertes Herpesvirus (Symbolbild) )kcotS ebodAsiverc(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Ein als unheilbar geltender Krebspatient wurde mit genmodifizierten Herpesviren geheilt
  • Die modifizierten Herpes-simplex-Viren (HSV) greifen die Krebszellen selektiv an und aktivieren das Immunsystem
  • Auch bei anderen Patienten, wurde die neue Behandlungsmethode erfolgreich erprobt

Ein als unheilbar geltender Krebspatient wurde mit genmodifizierten Herpesviren geheilt. Der Mann ist seit zwei Jahren vollständig krebsfrei.

London (England). Wissenschaftler des Institute of Cancer Research (ICR) haben einen Krebspatienten in einer frühen klinischen Studie mit genmodifizierten Herpesviren behandelt. Wie der BBC berichtet, wurde beim 39-jährigen Probanden Krzysztof Wojkowski 2017 Speicheldrüsenkrebs diagnostiziert. Obwohl Wojkowski operiert und mehrmals anderweitig behandelt wurde, ist der Krebs immer weitergewachsen.

„Mir wurde gesagt, dass es keine Optionen mehr für mich gäbe und ich am Ende meines Lebens betreut werden würde. Das war niederschmetternd. Deshalb war es unglaublich, dass ich die Chance erhielt, an der Studie teilzunehmen.“

Im Rahmen der Phase-1-Sicherheitsstudie erhielt Wojkowski mehrmals das experimentelle Medikament RP2. Das darin enthaltene, modifizierte Herpesvirus greift Tumorzellen an.

„Ich bekam fünf Wochen lang alle zwei Wochen Injektionen, die meinen Krebs vollständig beseitigten. Ich bin jetzt seit zwei Jahren krebsfrei.“

Abgeschwächtes Herpes-simplex-Viren (HSV)

Laut einer Präsentation auf dem ESMO Congress 2022 basiert die experimentelle Therapie auf einer abgeschwächten Form des Herpes-simplex-Virus (HSV), also dem Virus, das normalerweise Lippenherpes auslöst. Die Wissenschaftler des ICR modifizierten die Gene des Virus so, dass es selektiv in Krebszellen eindringt. Normale Körperzellen ignoriert das Virus hingegen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Krebsmedikamenten, die systemisch wirken, also den gesamten Körper betreffen, greift das modifizierte Herpesvirus also nur den Tumor direkt an.

Doppelschlag gegen Krebszellen

Wie Kevin Harrington erklärt, verursacht das Medikament RP2 einen „Doppelschlag“ gegen die Krebszellen. Wenn das Virus die Krebszelle infiltriert hat, repliziert es sich so lange, bis diese explodiert. Zudem bringt das modifizierte Virus das Immunsystem dazu, die Überreste der Krebszellen zu attackieren.

„Unsere Studie zeigt, dass ein gentechnisch verändertes, krebszerstörendes Virus einen Doppelschlag gegen Tumore ausführen kann - es zerstört die Krebszellen direkt von innen und ruft gleichzeitig das Immunsystem gegen sie auf den Plan.“

Erfolge auch bei anderen Patienten

Neben Wojkowski erhielten noch andere Patienten im Rahmen der Studie das Medikament. Bei drei von neun Patienten (33 %), die ausschließlich mit den modifizierten Herpesviren behandelt wurden, schrumpften die Tumore deutlich. Behandlungserfolge gab es zudem bei sieben von 30 Patienten (23,3 %), die neben dem experimentellen Medikament noch mit herkömmlichen Mitteln behandelt wurden.

„Es ist selten, dass in klinischen Studien im Frühstadium so gute Ansprechraten erzielt werden, da sie in erster Linie die Sicherheit der Behandlung testen sollen und Patienten mit sehr fortgeschrittenen Krebserkrankungen einbeziehen, bei denen die derzeitigen Behandlungen nicht mehr wirken.“

Hohe Ansprechraten und geringe Nebenwirkungen

Neben den hohen Ansprechraten sind auch die Nebenwirkungen positiv. Beobachtet wurden ausschließlich leichte Nebenwirkungen wie Müdigkeit. Weitere Studien sollen nun die Wirkung des genmodifizierten Herpesviren bei verschiedenen Krebspatienten untersuchen. Laut Harrington machen die positiven Zwischenergebnisse jedoch schon Hoffnung darauf, dass die modifizierten Viren eine neue Behandlungsoption für viele Patienten sein könnten.

„Unsere ersten Studienergebnisse deuten darauf hin, dass eine gentechnisch veränderte Form des Herpesvirus möglicherweise eine neue Behandlungsoption für einige Patienten mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen sein könnte - auch für diejenigen, die auf andere Formen der Immuntherapie nicht angesprochen haben. Ich bin gespannt, ob wir bei der Behandlung einer größeren Zahl von Patienten weitere Vorteile feststellen können.“

Auch Jonathan Zager, Mitarbeiter eines Krebszentrums im US-Bundesstaat Florida, die nicht an der Studie mitgearbeitet hat, bezeichnet die Ergebnisse als vielversprechend.

„Wir werden in naher Zukunft weitere Studien sehen. Ich bin aufgeregt und sicherlich nicht entmutigt oder skeptisch.“

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