Robert Klatt
Ein neues bildgebendes Verfahren hat erstmals den kompletten Kopf eines Menschen mit Licht durchleuchtet. In Zukunft könnte die Technik dabei helfen, die Diagnose von Schlaganfällen, Schädel-Hirn-Traumata und Tumoren zu verbessern.
Glasgow (Schottland). Die Medizin nutzt für Untersuchungen des Gehirns meistens die Magnetresonanztomographie (MRT), ein komplexes und teures bildgebendes Verfahren. Alternativ kann das Organ auch mit der funktionellen Nahinfrarotspektroskopie (fNIRS) untersucht werden. Bei diesem nicht invasiven, bildgebenden Verfahren misst man, wie viel Licht das Blut im Gehirn absorbiert, um dessen Aktivität zu bestimmen. Es ist deutlich günstiger als die MRT, reicht aber maximal 40 Millimeter in das Gehirn.
Forscher der Universität Glasgow haben nun eine Methode entwickelt, die die Reichweite der fNIRS stark erweitert. Laut der Publikation im Fachmagazin Neurophotonics haben sie mit dem Verfahren erstmals das Gehirn des Menschen komplett durchleuchtet und auch andere komplexe Strukturen des Körpers, darunter Knochen, Nervenzellen und Gewebe, untersucht.
Das neue System basiert auf der fNIRS, nutzt aber einen deutlich stärkeren Nahinfrarotlaser und ein optimiertes System zur Lichtsammlung. Trotz dieser Optimierungen erreichen nur wenige Photonen die gegenüberliegende Seite des Kopfes. Die Forscher sind trotzdem der Ansicht, dass ihr Experiment die Basis für eine neue mobile Bildgebungsmethoden für die Medizin sein kann, die tiefe Einblicke in das Gehirn ohne chirurgische Eingriffe ermöglichen kann.
„Diese Ergebnisse eröffnen das Potenzial, nicht-invasive, lichtbasierte bildgebende Technologien auf die Tomografie kritischer Biomarker tief im erwachsenen menschlichen Kopf auszuweiten.“
Die Wissenschaftler sind der Ansicht, dass das neue bildgebende Verfahren in Zukunft unter anderem bei der Diagnose von Schlaganfällen, Schädel-Hirn-Traumata und Tumoren eingesetzt werden kann und aufgrund der einfacheren Anwendung und der geringeren Kosten einem größeren Teil der Weltbevölkerung zugänglich gemacht werden kann als die MRT. Bevor das System im klinischen Alltag verwendet werden kann, sind aber noch weitere Optimierungen nötig, vor allem bei der Geschwindigkeit.
„Optische Verfahren zur nichtinvasiven Bildgebung des menschlichen Gehirns haben das Potenzial, die technologische Lücke zwischen günstigen, tragbaren Geräten wie der Elektroenzephalografie (EEG) und teuren Hochpräzisionsinstrumenten wie der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) zu schließen.“
Neurophotonics, doi: 10.1117/1.NPh.12.2.025014