Ungesunde Ernährung

Hochverarbeitete Lebensmittel erschweren das Abnehmen

 Robert Klatt

Hochverarbeitete Lebensmittel fördern Übergewicht )kcotS ebodAspilck4(Foto: © 

Hochverarbeitete Lebensmittel wie Tiefkühlpizzen erschweren das Abnehmen, auch wenn sie genauso viele Kalorien enthalten wie Gerichte aus frischen Produkten. Eine gesunde Ernährung verhindert zudem viele Heißhungerattacken und hilft dadurch gegen Übergewicht.

London (England). Hochverarbeitete Lebensmittel wie Tiefkühlpizzen sind in Deutschland beliebt, weil sie schnell zubereitet werden können und relativ günstig sind. Die Medizin warnt jedoch seit Langem vor einer Ernährung mit viel Conveniencefood, weil die meisten Produkte viel Zucker, Salz und gesättigte Fette sowie Zusatzstoffe enthalten. Laut einer Studie der International Agency for Research on Cancer (IARC-WHO) erhöht eine Ernährung mit vielen hochverarbeiteten Lebensmitteln das Risiko für Multimorbidität stark.

Außerdem scheinen verarbeitete Lebensmittel die Entstehung von Übergewicht zu fördern und das Abnehmen zu erschweren. In der Forschung ist es aber umstritten, ob dafür tatsächlich die hochverarbeiteten Lebensmittel verantwortlich sind oder ob Menschen mit einer entsprechenden Ernährung öfter unter Übergewicht leiden, weil auch ihr sonstiger Lebensstil ungesund ist.

Einfluss von hochverarbeiteten Fertigprodukten

Forscher des University College London (UCL) haben deshalb eine Studie durchgeführt, bei der 55 Probanden mit Übergewicht oder Fettleibigkeit (Adipositas) über zwei Monate Lebensmittel geliefert wurden. Eine Gruppe hat hochverarbeitete Fertigprodukte erhalten und eine Gruppe frische Zutaten, aus denen sie selbst Gerichte kochen konnten. Die angelieferten Fertiggerichte waren laut der Ernährungsampel nicht maximal ungesund, hatten also höchstens die Einstufung orange.

Während des Experiments haben die Forscher untersucht, wie sich die Ernährungsformen auf das Gewicht und die Gesundheit der Teilnehmer ausgewirkt haben. Anschließend wurden die Gruppen nach einer vierwöchigen Pause getauscht. Die Probanden wurden während des Experiments nicht darüber informiert, dass das Abnehmen untersucht wird.

„Diese Verblindung des eigentlichen Studienziels ist ein wichtiges Element, denn nur so konnte es quasi unbewusst und unmerklich passieren.“

Körperfettanteil, Muskelmasse und Co.

Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Medicine haben die Wissenschaftler neben dem Gewicht, dem Körperfettanteil und der Muskelmasse auch erfasst, wie stark das Hungergefühl der Probanden war, wie oft es zu Heißhungerattacken kam und wie viele Kalorien sie gegessen haben.

Laut den Messdaten haben alle Probanden leicht abgenommen. Bei der Gruppe mit unverarbeiteten Lebensmitteln war der Gewichtsverlust aber rund doppelt so groß wie in der Gruppe mit hochverarbeiteten Fertigprodukten. Der Body-Mass-Index (BMI) und der Körperfettanteil haben sich durch die unverarbeiteten Lebensmittel ebenfalls  stärker verbessert.

„Auch wenn eine Gewichtsreduktion von zwei Prozent gering erscheint, muss man berücksichtigen, dass dies innerhalb von jeweils nur acht Wochen passierte und die Teilnehmenden ihre Kalorienaufnahme nicht bewusst einschränkten.“

Wenn man die Effekte der unterschiedlichen Diäten auf ein Jahr extrapoliert, hätten die Männer mit kaum verarbeiteten Lebensmitteln rund 13 Prozent ihres Gewichts verloren und Frauen rund neun Prozent. Bei den hochverarbeiteten Fertigprodukten wäre der Gewichtsverlust sowohl bei Männern (4 %) als auch bei Frauen (5 %) deutlich geringer. Zudem kam es bei Probanden mit wenig verarbeiteten Lebensmitteln deutlich seltener zu Heißhungerattacken und Hunger auf Süßigkeiten, Junkfood und andere ungesunde Lebensmittel.

Ernährungsform ist entscheidend beim Abnehmen

Die Studie zeigt somit, dass Menschen mit Übergewicht nicht nur auf die Kalorien eines einzelnen Gerichts, sondern insgesamt auf ihre Ernährung achten sollten.

„Unsere Studie zeigt, wie wichtig die Verarbeitung der Lebensmittel für die gesundheitlichen Effekte ist —zusätzlich zu Nährstoffen wie Fett, Salz und Zucker.“

Laut den Forschern ist es wahrscheinlich, dass Fertigprodukte das Abnehmen deutlich erschweren, weil sie im Körper ein Suchtverhalten auslösen. Außerdem sind sie besonders weich und können schnell konsumiert werden, bevor das Sättigungsgefühl aufkommt.

„Hochverarbeitete Lebensmittel sind geschmacklich auf unser Suchtverhalten optimiert, insbesondere starke Süßreize verhindern Sättigung. Denn leicht verdauliche Kohlenhydrate führen zu stärkeren Blutzuckerschwankungen, die wiederum kurze Zeit nach der Mahlzeit zu einem neuen Hungergefühl führen.“

Die Autoren empfehlen in Anbetracht der neuen Ergebnisse, nicht nur die Kalorienaufnahme zu kontrollieren, sondern auch, möglichst viele unverarbeitete Lebensmittel zu essen.

„Der beste Rat ist, Ernährungsempfehlungen zu befolgen, die Kalorienaufnahme zu kontrollieren, den Konsum von Salz, Zucker und gesättigten Fetten zu begrenzen und möglichst viele ballaststoffreiche Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Nüsse zu essen.“

Komplett auf Fertigprodukte verzichten, müssen Menschen aber nicht.

„Hochverarbeitete Lebensmittel gehören zum modernen Leben dazu. Nicht in allen Situationen lassen sie sich streng vermeiden. Wo verarbeitete Produkte unumgänglich sind, sollte aber zumindest der Grad der Verarbeitung so niedrig wie möglich und die Zusammensetzung gesünder ausfallen. Wo Verzicht möglich ist, sollte auf minimal verarbeitete Lebensmittel gesetzt werden.“

Nature Medicine, doi: 10.1038/s41591-025-03842-0

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