Robert Klatt
Menschen mit einer höheren Theobrominkonzentration im Blut haben ein biologisches Alter, das unter ihrem chronologischen Alter liegt. Der Inhaltsstoff von dunkler Schokolade könnte den Alterungsprozess des Menschen also verlangsamen.
London (England). Das biologische und chronologische Alter eines Menschen können sich deutlich voneinander unterscheiden. Während das chronologische Alter schlicht über die Zeit seit der Geburt ermittelt werden kann, lässt sich das biologische Alter, das den Zustand des Körpers beschreibt und zeigt, wie „alt“ dieser wirklich ist, deutlich schwerer bestimmen. Die Medizin nutzt dazu unterschiedliche Kennzahlen, etwa Blutwerte, Entzündungsmarker und die DNA-Methylierung, also kleine Markierungen an der DNA, die sich im Laufe des Lebens durch chemische Prozesse minimal verändern.
Die Geschwindigkeit der biologischen Alterungsprozesse des Menschen wird nicht nur durch seine Gene, sondern auch durch zahlreiche andere Faktoren wie seine Lebensbedingungen und seinen Lebensstil, etwa die Ernährung, körperliche Aktivität und Stress, beeinflusst. Forscher des King's College London (KCL) haben nun eine Studie publiziert, laut der Theobromin, ein pflanzlicher Inhaltsstoff aus Kakao, der vor allem in dunkler Schokolade vorkommt, die Alterung des Körpers ebenfalls verlangsamen könnte.
Die Wissenschaftler haben für ihre Studie Daten von 509 Probanden der britischen Zwillingsstudie TwinsUK sowie 1.160 Probanden aus der deutschen KORA-Kohorte verwendet. Die analysierten Blutproben zeigen, dass Menschen mit einer höheren Konzentration von Theobromin durchschnittlich ein biologisches Alter besitzen, das unter ihrem chronologischen Alter liegt.
„Unsere Studie zeigt Zusammenhänge zwischen einem zentralen Bestandteil dunkler Schokolade und einem länger anhaltenden jugendlichen Zustand. Auch wenn wir nicht sagen, dass Menschen mehr dunkle Schokolade essen sollten, kann diese Forschung helfen, zu verstehen, wie alltägliche Lebensmittel Hinweise auf ein gesünderes und längeres Leben liefern können.“
Zudem haben die Forscher untersucht, ob auch andere Stoffwechselprodukte aus Kakao oder Kaffee einen Einfluss auf die Geschwindigkeit der Alterungsprozesse haben. Das biologische Alter, das in der Studie sowohl über die DNA-Methylierung als auch über die Länge der Telomere, den „Schutzkappen“ an den Enden der Chromosomen, bestimmt wurde, wird durch diese aber nicht verlangsamt.
Die Wissenschaft hat bereits zuvor entdeckt, dass das Alkaloid Theobromin positive Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen hat, darunter ein reduziertes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der pflanzliche Inhaltsstoff wurde trotzdem bisher kaum im Kontext der Alterungsprozesse untersucht.
„Dies ist ein sehr spannender Befund, und die nächsten wichtigen Fragen sind, was hinter diesem Zusammenhang steckt und wie sich die Wechselwirkungen zwischen Nahrungsmetaboliten und unserem Epigenom weiter erforschen lassen. Dieser Ansatz könnte zu wichtigen Erkenntnissen über Alterungsprozesse und darüber hinaus bei häufigen und seltenen Erkrankungen führen.“
Angesichts der neuen Erkenntnisse möchten die Forscher weitere Studien durchführen, um zu untersuchen, ob die beobachteten Effekte ausschließlich auf Theobromin zurückgehen oder ob es Wechselwirkungen mit anderen Inhaltsstoffen von dunkler Schokolade gibt. Es ist laut ihnen denkbar, dass Polyphenole, die ebenfalls eine gesundheitsfördernde Wirkung besitzen, für die verlangsamten Alterungsprozesse mitverantwortlich sind.
„Diese Studie identifiziert einen weiteren molekularen Mechanismus, über den natürlich vorkommende Inhaltsstoffe aus Kakao die Gesundheit unterstützen können. Auch wenn weitere Forschung notwendig ist, verdeutlichen die Ergebnisse dieser Studie den Wert bevölkerungsbasierter Analysen in der Altern- und Genetikforschung.“
Die Autoren erklären zudem, dass ein hoher Konsum von dunkler Schokolade nicht gesundheitsfördernd sein muss, selbst dann, wenn die verlangsamte Alterung tatsächlich auf Theobromin zurückgeht, weil das Lebensmittel noch andere Inhaltsstoffe, darunter viel Fett und Zucker, enthält.
Quellen:
Pressemitteilung des King's College London (KCL)
Studie im Fachmagazin Aging, doi: 10.18632/aging.206344