Kritik aus der Wissenschaft

Alkohol kann Risiko von stressbedingtem Herzinfarkt reduzieren

Robert Klatt

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Leichter bis mittelschwerer Alkoholkonsum reduziert das Risiko eines stressbedingtem Herzinfarkts. Am stärksten ist der Effekt bei Menschen mit Angstzuständen.

Boston (U.S.A.). Eine im Fachmagazin Psychopharmacology publizierte Studie zeigte bereits 2013, dass Alkohol die Stressreaktionen in der Amygdala, einer Hirnregion, die auf Bedrohungen reagiert, reduzieren kann. Forscher des Massachusetts General Hospital and Harvard Medical School (HMS) haben nun untersucht, welche Effekte das Zellgift auf stressbedingte Herzinfarkte hat. Sie analysierten dazu Gesundheitsdaten von 50.000 Menschen aus der Mass General Brigham Biobank, die neben der Krankheitsgeschichte aus die Ernährungs- und Trinkgewohnheiten umfassten.

Laut der Publikation im Journal of the American College of Cardiology zeigen die Gesundheitsdaten, dass Menschen mit einem leichten bis mittelschweren Alkoholkonsum, der als ein alkoholisches Getränk pro Tag definiert ist, ein geringeres Risiko für stressbedingte Herzinfarkte haben als Menschen, die nie Alkohol konsumieren. Besonders stark war dieser Effekt bei Menschen mit Angstzuständen.

754 Gehirnscans analysiert

Zudem untersuchten die Forscher 754 Gehirnscans aus der Biobank. Die Aufnahmen zeigen, dass das Gehirn von Menschen mit einem leichten bis mittelschweren Alkoholkonsum weniger Stresssignale produzieren als Menschen, die gar keinen oder sehr viel Alkohol trinken. Stresssignale sind ein Biomarker, der mit dem Herzinfarktrisiko in Verbindung steht.

Beruhigende Effekte des Alkoholkonsums

Dr. Ahmed Tawakol erklärt, dass die Studienergebnisse keineswegs ein Aufruf an die Menschen ist, Alkohol zu konsumieren, um ihr Risiko für Herzinfarkte zu mindern. In einer Pressemittelung wies er auf die zahlreichen gesundheitlichen Risiken durch Alkoholkonsum hin, darunter unter anderem Krebs. Tawakol betont die Notwendigkeit, die beruhigenden Effekte, die leichter Alkoholkonsum bei einigen Personen hervorrufen kann, zu erkennen und zu untersuchen, ob diese Effekte durch alternative, möglicherweise gesündere Methoden nachgeahmt werden könnten.

„Wenn die Amygdala zu aufmerksam und wachsam ist, wird das sympathische Nervensystem verstärkt, was den Blutdruck und die Herzfrequenz in die Höhe treibt und die Freisetzung von Entzündungszellen auslöst. Wenn der Stress chronisch ist, führt dies zu Bluthochdruck, erhöhten Entzündungswerten und einem erheblichen Risiko für Fettleibigkeit, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.“

Kritik aus der Wissenschaft

In der Wissenschaft werden die Studienergebnisse kritisch diskutiert. Dr. Naveed Sattar, Professor für Stoffwechselmedizin an der Universität Glasgow meint beispielsweise, dass die allgemeinen Risiken des Alkohols nicht ausreichend berücksichtigt werden.

„Das Problem ist, dass wir wissen, dass jede Menge Alkohol mit mehr Schlaganfällen und Herzversagen sowie mit einer Zunahme von Krebs und Todesfällen durch kardiovaskuläre Ursachen verbunden ist Sich also nur auf einen kleinen Aspekt zu konzentrieren, auch wenn er wahr ist, vermittelt einen falschen Eindruck, und der Titel einer besseren Herzgesundheit bei leichtem bis mäßigem Alkoholkonsum ist irreführend und hält alte Mythen aufrecht, von denen wir uns wirklich lösen müssen.“

Psychopharmacology, doi: 10.1007/s00213-013-3090-0

Journal of the American College of Cardiology, doi: 10.1016/j.jacc.2023.04.015

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