Gravitationsdelle im Ozean

Grund für geringe Gravitation vor Indien gefunden

D. Lenz

Wer sich in Indien auf die Waage stellt, wird weniger wiegen als in Grönland. Grund dafür ist ein Gravitationsloch. )ASE(Foto: © 

Die Erde ist keine perfekte Kugel, sondern ein ungleichmäßiges Geoid. Dies führt dazu, dass an einigen Regionen, wie zum Beispiel in Indien, die Gravitation geringer ausfällt. Wissenschaftler haben nun den Grund dafür gefunden.

Bangalore (Indien). Aus dem Weltraum betrachtet sieht die Erde bei genauerer Ansicht nicht perfekt rund aus, sondern eher wie eine ründliche Kartoffel. Das Goce Projekt der ESA untersucht mit einigen Satelliten die Oberfläche der Erde und die daraus resultierende Gravitation, die nicht an allen Orten gleichhoch ausfällt. Das Geoid definiert Höhen und Dellen der Erdfigur. Näherungsweise entspricht der mittlere Meeresspiegel dem Geoid der Erde. Zwei Punkte die beide auf dem Geoid, also dem durchschnittlichen Meeresspiegel, liegen haben somit die gleiche Gravitation. Vorkommnisse in der Natur sorgen jedoch dafür, dass es zu Abweichungen vom Geoids an einigen Orten kommt, was wiederum zu unterschiedlich starker Gravitation führt.

Neben Indien, wo die Gravitation geringer ausfällt als im Geoid, ist hier besonders das Nordpolarmeer interessant. Durch die große Menge Schmelzwasser der dortigen Gletscher kommt es zu einer Art Ausbeulung, die eine erhöhte Gravitation zur Folge hat. Menschen die sich erst in Indien und dann in Grönland wiegen, würden in Grönland ein höheres Gewicht auf die Waage bringen. Im indischen Ozean tritt das umgekehrte Phänomen auf. Der Kartenausschnitt zeigt eine deutliche blaue Delle die bedeutet, dass an diesem Ort die Gravitation niedriger ausfällt als im weltweiten Durchschnitt.

Ein Team aus Wissenschaftler vom Indian Institute of Science hat im renommierten Fachmagazin Geophysical Research Letters eine Studie veröffentlicht, die erklären soll wieso die Schwerkraft in Südindien etwas geringer ist. Unter Leitung von Attreyee Ghosh entwickelten die Wissenschaftler die These, dass sich im Erdmantel unter dem Subkontinent Indien eine große Menge heißes und leichtes Gestein befindet. Ghost erklärte, dass "das bedeutet, dass es dort unten ein gehöriges Massendefizit gibt, das dieses Tief erzeugt."

Das heiße Gestein und teilweise geschmolzene Gestein stammt laut den Forschern aus der Superplume unter dem östlichen Afrika. Eine gewaltige Magmaansammlung die sich dort befindet sorgt dafür, dass entlang des ostafrikanischen Grabenbruchs eine langsame Teilung des Kontinents erfolgt. Ein Teil des dabei freigesetzten flüssigen Gesteins fließt nach den Messungen des Teams unter dem indischen Ozean nach Osten ab. Durch die im Vergleich zum festen Gestein geringeren Masse wird das Indian Ocean Geoid Low (IOGL) verursacht. Wenn es sich bei der Erde um eine perfekt runde Kugel handeln würde, könnte man sich die Gravitationsdelle an diesem Ort als Einbuchtung von 100 Meter Tiefe vorstellen.

Bisher ging die Wissenschaft davon aus, dass die Delle durch Platten alter ozeanischen Gesteine versucht wird, die in dieser Region absinken und dann schmelzen. Ghost erklärte jedoch, dass Analysen von Erdbebenwellen ein anderes Bild zeigen. Es muss sich also um geschmolzenes Gesteinsmaterial handeln. Die Gravitationsdelle lässt sich übrigens trotz ihrer enormen Größe nicht mit dem Auge sehen. Aufgrund der enormen Größe der Region wirkt die Einbuchtung für das menschliche Auge unsichtbar.

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