Ambipolares Feld

Die Erde besitzt ein drittes Energiefeld

Robert Klatt

Ambipolares Feld der Erde )baL egamI lautpecnoC/ASAN(Foto: © 

Ein neues, extrem empfindliches Messinstrument, zeigt, dass die Erde neben der Gravitation und des Magnetfelds ein drittes Energiefeld besitzt. Das ambipolare Feld des Planeten löst den Polarwind aus, bei dem Protonen mit Überschallgeschwindigkeit in den Weltraum fliegen.

Greenbelt (U.S.A.). Es ist seit Langem bekannt, dass die Erde zwei Energiefelder, das Magnetfeld und das Schwerefeld, besitzt. Bereits in den 1960er-Jahren haben Forscher zudem entdeckt, dass an den beiden Polen Protonenströme mit Überschalltempo in den Weltraum rasen. Die Forschung konnte bisher jedoch nicht erklären, was den sogenannten Polarwind antriebt. Sowohl das Magnetfeld als auch die Energie des Sonnenlichts scheiden als mögliche Erklärungen aus, weil sie den ionisierten Wasserstoff aufheizen. Die Protonen des Polarwinds sind jedoch kalt.

„Irgendetwas muss diese Teilchen aus der Atmosphäre hinauskatapultieren.“

Laut Glyn Collinson vom Goddard Space Flight Center (GSFC) existiert seit 60 Jahren zudem die These, dass in der Ionosphäre ein globales elektrostatisches Feld besteht. Dieses Feld könnte entstehen, weil in der oberen Atmosphärenschicht Atome ionisiert werden und dadurch ein Plasma aus negativen, leichten Elektronen und positiven, schwereren Atomrümpfen bilden.

„Das Feld entsteht, weil die von ihrer Wärmeenergie angetriebenen ionosphärischen Elektronen versuchen, ins All zu entkommen.“

Der Ladungseffekt zwischen den Ionen und Elektronen führt dazu, dass ein ambipolares elektrisches Feld entsteht. Die bislang verfügbaren Messinstrumente waren jedoch nicht genau genug, um dieses Feld in hunderten Kilometer Höhe zu erkennen und von anderen elektrischen Effekten zu unterscheiden.

Elektrischer Potentialabfall von 0,55 Volt

Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Nature haben die Forscher deshalb ein neues, deutlich empfindlicheres Photoelektronen-Spektrometer entwickelt, mit dem auch sehr schwache elektrische Felder erkannt werden können. Das Messinstrument wurde im Mai 2022 in die polare Atmosphäre befördert und hat dort in bis zu 769 Kilometern Höhe die Region durchquert, in der der Polarwind entsteht. Dabei hat das Spektrometer in Höhen zwischen 250 und 768 Kilometern einen elektrischen Potentialabfall von 0,55 Volt entdeckt, der durch die nach außen strebenden Elektronen verursacht wird.

„Ein halbes Volt ist fast nichts, das ist gerade einmal so stark wie eine Uhrenbatterie. Aber dieser Wert passt genau, um den Polarwind zu erklären.“

Drittes Energiefeld der Erde

Die Wissenschaftler haben somit die lange vermutete Existenz des dritten Energiefelds der Erde belegt. Der Planet verfügt somit nicht nur über sein Magnetfeld und seine Gravitation, sondern auch über ein globales ambipolares Feld, dass Plasma-Elektronen in der Ionosphäre festhält und leichte Protonen in der Plasmaschicht aufsteigen lässt. Messungen zeigen, dass dieser Auftrieb, mit dem die Elektronen die leichteren Protonen in die Höhe ziehen, etwa 10,6-mal stärker ist als die Gravitation, die die Protonen zur Erde zieht.

„Das ist mehr als genug, um die Erdanziehung zu überwinden und die Protonen mit Überschalltempo ins All hinauszuschleudern.“

Nature, doi: 10.1038/s41586-024-07480-3

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