Robert Klatt
Die rapide steigende CO₂‑Konzentration in der Erdatmosphäre sorgt aktuell für höhere Temperaturen. Der CO₂-Zyklus könnte aber ein Übersteuern des Klimasystems auslösen und zu einer neuen Eiszeit führen.
Riverside (U.S.A.). In der Wissenschaft ging man bisher davon aus, dass das Erdklima vor allem durch die langsame, aber stabile Gesteinsverwitterung im Gleichgewicht gehalten wird. Dabei bindet Regen CO₂ aus der Atmosphäre und trifft auf freiliegende Gesteine, vor allem Silikatgesteine wie Granit, die sich dadurch langsam auflösen. Das gelöste CO₂ gelangt zusammen mit Calcium in die Meere, wo es Meeresorganismen in Muschelschalen und Kalksteinriffen einlagern, so dass es für Hunderte Millionen Jahre eingeschlossen wird.
„Wenn sich der Planet erwärmt, verwittern Gesteine schneller und nehmen mehr CO₂ auf. Dadurch kühlt sich die Erde wieder ab.“
In der Erdgeschichte gab es jedoch Epochen, in denen die Eiszeiten so extrem waren, dass der gesamte Planet von Gletschern bedeckt war. Forscher der University of Colorado Boulder (CU) haben etwa kürzlich eine Studie publiziert, die zeigt, dass die Erde vor etwa 690 bis 660 Millionen Jahren komplett mit Eis bedeckt war. Wenn es aber nur den sanften, selbstregulierenden Temperaturausgleich durch die Gesteinsverwitterung gegeben hätte, hätte es nicht zu so einer extremen Eiszeit kommen können.
Forscher der University of California, Riverside (UCR) haben nun eine Studie publiziert, laut der ein bisher übersehener Prozess im Klimakreislauf die extremen Eiszeiten ausgelöst hat. Laut ihnen kann der Prozess dazu führen, dass der aktuelle Klimawandel und die Erderwärmung übersteuern und es dadurch zu einer neuen Eiszeit kommt.
Laut der Studie nehmen die Ozeane mehr CO₂ auf, wenn der CO₂-Gehalt in der Atmosphäre steigt. Die höheren Temperaturen führen aber auch dazu, dass mehr Nährstoffe wie Phosphor vom Land ins Meer gelangen und das Wachstum von Plankton fördern. Das Plankton bindet mit seiner Photosynthese CO₂ und nimmt dieses mit auf den Meeresboden, wenn es stirbt.
Die höhere Planktonaktivität führt zudem dazu, dass der Sauerstoffgehalt der Ozeane sinkt. Dadurch wird Phosphor wieder freigesetzt, anstatt langfristig im Meeresboden zu verbleiben, und es kommt zu einer Rückkopplungsschleife, bei der mehr Nährstoffe das Planktonwachstum fördern und dessen Zersetzung wiederum dem Wasser mehr Sauerstoff entzieht und noch mehr Nährstoffe freisetzt. Parallel dazu werden große Mengen CO₂ im Meeresboden eingelagert und die Erde kühlt sich ab.
Wie die Forscher erklären, kann es durch diesen CO₂-Zyklus dazu kommen, dass das Klimasystem übersteuert und die Temperatur der Erde stark unter ihre Ausgangstemperatur absinkt. Komplexe Klimasimulationen zeigen, dass dadurch sogar eine neue Eiszeit ausgelöst werden kann.
„Im Sommer stellt man den Thermostat auf rund 26 Grad Celsius. Wenn es draußen heißer wird, läuft die Klimaanlage, bis die Temperatur wieder passt, und stoppt dann. Der Thermostat der Erde funktioniert zwar, befindet sich aber nicht im selben Raum wie die Klimaanlage, wodurch die Regelung ungleichmäßig ausfallen kann.“
In den frühen Epochen der Erdgeschichte war der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre deutlich niedriger und das Klimasystem des Planeten war noch unbeständiger, was zu extremen Eiszeiten geführt hat. Heute sorgen die hohen CO₂-Emissionen des Menschen dafür, dass der Klimawandel immer schneller abläuft und die Erde sich weiter aufheizt. Die Simulation der Forscher zeigt jedoch, dass langfristig ein Übersteuern des Klimasystems wahrscheinlich ist. Die dadurch ausgelöste Eiszeit soll aber nicht so extrem sein wie in der Vergangenheit, weil die heutige Atmosphäre mehr Sauerstoff enthält, was den Nährstoffkreislauf abschwächt.
„Am Ende stellt sich die Frage, ob es wirklich einen Unterschied macht, ob die nächste Eiszeit in 50.000, 100.000 oder 200.000 Jahren beginnt. Wir müssen uns jetzt darauf konzentrieren, die aktuelle Erwärmung zu begrenzen. Die Erde wird sich eines Tages wieder abkühlen, aber nicht schnell genug, um uns in diesem Jahrhundert zu helfen.“
Quellen:
Pressemitteilung der University of California, Riverside (UCR)
Studie im Fachmagazin Science, doi: 10.1126/science.adh7730