Isopropanol & Azeton

Gentechnisch modifizierte Bakterien erzeugen Industriechemikalien

Robert Klatt

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Die Industriechemikalien Isopropanol und Azeton werden aus Erdöl und Erdgas produziert. Gentechnisch modifizierte Bakterien können die Chemikalien aus Abgasen von Stahlwerken erzeugen und dabei deren CO₂-Emissionen verringern.

Evanston (U.S.A.). Wissenschaftler der Northwestern University in Evanston und des Unternehmens LanzaTech haben gemeinsam ein biotechnologisches Verfahren entwickelt, das die Herstellung der Chemikalien Azeton und Isopropanol weniger umweltschädlich macht. Isopropanol wird in vielen Medikamenten, Kosmetika und Isopropanol verwendet, während Azeton eine Grundchemikalie für industrielle Lösungsmittel und eine Vorstufe für Acrylglas ist.

Zusammen haben die beiden Chemikalien ein Marktvolumen von etwa zehn Milliarden Dollar. Hergestellt werden die Chemikalien derzeit aus Erdgas und Erdöl, das in energieaufwendigen Prozessen umgewandelt wird. Dabei entstehen klimaschädliche Emissionen und toxische Abfälle.

Bakterien produzieren Chemikalien

Das Team um Michael Jewett hat nun im Fachmagazin Nature Biotechnology nun ein Verfahren vorgestellt, bei dem gentechnisch modifizierte Bakterien die beiden Chemikalien aus den Abgasen von Stahlwerken produzieren. Dabei verarbeiten die Bakterien das Treibhausgas Kohlendioxid (CO₂), das dadurch in geringeren Mengen in die Atmosphäre emittiert wird.

„Die entwickelten Azeton- und Isopropanol-Herstellungswege werden die Entwicklung anderer neuer Produkte beschleunigen, indem sie den Kohlenstoffkreislauf für ihre Verwendung in mehreren Branchen schließen“, erklärt Jennifer Holmgren, Geschäftsführerin der Firma LanzaTech.

Bakterien biotechnologisch modifiziert

Als Ausgangspunkt diente den Forschern ein Verfahren, bei dem das Bakterium Clostridium autoethanogenum Ethanol produziert. Inzwischen wird diese Technik auch in der Industrie verwendet.

Um die Bakterien an die neue Aufgabe anzupassen, mussten die Wissenschaftler diese zunächst biotechnologisch modifizieren. Mithilfe einer Gendatenbank recherchierten sie dazu Gene, die zur Erzeugung von unerwünschten Nebenprodukten führen. Diese wurden anschließend deaktiviert. Zudem verdoppelten die Forscher ein Gen, das die gewünschte Reaktion beschleunigt. Sie konnten so die Produktion von Azeton und Isopropanol deutlich erhöhen.

Industrieller Prozess möglich

Um die industrielle Anwendung der Bakterien zu überprüfen, haben die Wissenschaftler diese in einen 120-Liter-Tank übertragen. Auch dieses Experiment verlief störungsfrei. Eine Lebenszyklusanalyse zeigt zudem, dass CO₂-Bilanz sowohl bei Azeton (minus 1,78) und bei Isopropanol  (minus 1,17) negativ ist. Bei der Produktion wird also mehr CO₂ eingebunden, als emittiert wird. Bei den herkömmlichen Produktionsverfahren wird hingegen bei Azeton (plus 2,55) und bei Isopropanol (plus 1,85) Kohlendioxid in die Atmosphäre freigesetzt.

„Die Schaffung eines zirkulären oder sogar netto negativen Industriesektors durch neuartige Ansätze der synthetischen Biologie wird die Klimakrise nicht allein lösen, aber sie kann einige der am schwierigsten kohlenstofffrei zu gestaltenden Teile der Weltwirtschaft angehen“, erklären Corinne Scown und Jay Keasling vom Lawrence Berkeley National Laboratory (LBNL) in einem Begleitkommentar der Studie. Laut ihnen liegen die größten Vorteile des Verfahrens daran, dass mehrere Produkte parallel erzeugt werden können. Ein Unternehmen kann laut den Forschern dadurch flexibler auf Änderungen am Weltmarkt reagieren.

Nature Biotechnology, doi: 10.1038/s41587-021-01195-w

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