Evolution auf der Erde

Wann lebte der Vorfahre aller Lebewesen?

Robert Klatt

Last Universal Common/Cellular Ancestor (LUCA) (Symbolbild) )kcotS ebodAtdetsgruB hpotsirhC(Foto: © 

Der letzte universelle gemeinsame Vorfahre (LUCA) ist der Urahn allen Lebens auf der Erde. Nun wurde ermittelt, wann die Einzeller, aus denen sich auch die Menschen entwickelt haben, entstanden sind.

Den Burg (Niederlande). Die Erde entstand vor etwa 4,6 Milliarden Jahren aus einer kosmischen Wolke aus Gas und Staub. Wann das Leben auf dem Planeten entstanden ist, konnte die Forschung bisher noch nicht zweifelsfrei erklären. Eine Studie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) kam etwa kürzlich zu dem Ergebnis, dass die ersten Zellen vor etwa 3,8 Milliarden Jahren entstanden sind und für ihren einfachen Stoffwechsel lediglich Wärme, Wasserstoff, Ammoniak und CO2 nutzten.

Ob es sich dabei tatsächlich um den Last Universal Common/Cellular Ancestor (LUCA), also den letzten gemeinsamen Vorfahren es heutigen Leben, handelt, ist umstritten. Wissenschaftler des Royal Netherlands Institute for Sea Research(NIOZ) um Tara Mahendrarajah haben deshalb eine neue Forschungsmethode konzipiert, um den LUCA zu identifizieren.

ATP-Synthase rekonstruiert

Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Communications haben die Forscher die Grundannahme aufgestellt, dass alle heute existierenden Lebensformen, von einfachen Bakterien bis zum Menschen, über mindestens eine Variante der ATP-Synthase verfügen. Dieses Enzym ist für die Herstellung von Adenosintriphosphat (ATP), einem wesentlichen Energieträger der Zelle, verantwortlich.

Es ergibt sich daraus die Hypothese, dass auch der LUCA ebenfalls die Fähigkeit zur ATP-Synthese besessen haben muss. Um diese Annahme zu überprüfen, haben die Forscher die unterschiedlichen bekannten Varianten der ATP-Synthase analysiert. Ziel war es, den Zeitpunkt zu ermitteln, zu dem sich die unterschiedlichen Formen dieses Enzyms vereinigen. Auf diese Weise war es möglich, nicht nur den Zeitraum zu bestimmen, in dem LUCA existierte, sondern auch festzustellen, wann sich Spezies vom sogenannten Baum des Lebens, der rund 2,2 Millionen Arten enthält, abgezweigt haben.

Entstehung kurz nach der Erde

Laut der Analyse entstand der letzte universelle gemeinsame Vorfahre vor etwa 4,32 bis 4,52 Milliarden Jahren. Die Studie zeigt somit, dass das Leben auf der Erde kurz nach der Bildung des Planeten entstanden ist, also noch früher als bisher angenommen wurde. Die neue Datierungsmethode ermöglichte es zudem, den Zeitpunkt der Trennung zwischen Bakterien und Archaeen genauer zu bestimmen.

Entgegen der bisherigen Annahme, dass Archaeen die älteste Lebensform auf der Erde darstellen, deutet die neue ATP-basierte Rekonstruktion darauf hin, dass der älteste Bakterienvorfahre bereits vor 4,05 bis 4,49 Milliarden Jahren existierte. Der gemeinsame Vorfahre aller Archaeen hingegen scheint erst später, vor etwa 3,37 bis 3,95 Milliarden Jahren.

Geschichte der Eukaryoten

Die Studiendaten zeigen überdies, dass die Eukaryoten, zu denen alle zellkerntragenden Organismen, einschließlich des Menschen, gehören, vor etwa 1,84 bis 1,93 Milliarden Jahren entstanden sind. Dieser Ur-Eukaryot soll aus den Asgard-Archaeen entstanden sein, einer Gruppe innerhalb der Archaeen, die noch heute existiert. Die neue Studie zeigt jedoch, dass diese Archaeen nicht die alleinigen Vorfahren der Eukaryoten waren. Vielmehr unterstützt die Endosymbiontentheorie die Annahme, dass die ersten Eukaryoten durch eine Fusion zweier verschiedener Einzeller entstanden sind.

„Die Eukaryoten sind aus dem bakteriellen und dem archäischen Zweig hervorgegangen. Wir haben ein bisschen von beidem in uns.“

Laut den Autoren können die Forschungsergebnisse nicht nur dabei helfen, die bisherige Evolution des Lebens besser zu verstehen, des Lebens auch wertvolle Einsichten für zukünftige Entwicklungen liefern.

„Einblicke in die Rolle sowohl alter als auch neuer Mikroben im Nährstoffkreislauf können helfen, die künftige Biodiversifizierung in einer sich verändernden Umwelt, einschließlich der Klimaerwärmung, besser zu verstehen und vorherzusagen.“

Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-023-42924-w

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