Fleischproduktion

Gentechnisch veränderten Ebern wachsen weibliche Geschlechtsorgane

Robert Klatt

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Wissenschaftler haben mit der CRISPR/Cas-Methode (Genschere) Eber so verändert, dass diese weibliche Geschlechtsorgane bilden. Dies verhindert ohne eine herkömmliche Kastration den typischen Ebergeruch.

Mariensee (Deutschland). Der sogenannte Ebergeruch sorgt dafür, dass viele Menschen das Fleisch männlicher Schweine als unappetitlich empfinden. Verantwortlich für den Geruch sind die Verbindungen Androstenon und Skatol, die im Hodengewebe der Eber ab einem Alter von etwa fünf Monaten entstehen. Um die Entwicklung des Geruchs zu verhindern, werden in der industriellen Fleischproduktion männliche Schweine deshalb in der Regel sehr früh kastriert.

Wissenschaftler des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, haben nun eine gentechnische Methode entwickelt, die herkömmliche Kastrationsmethoden ersetzen könnte. Laut der im Fachmagazin PNAS publizierten Studie des Teams um Björn Petersen vom Institut für Nutztiergenetik sorgt die neue Methode dafür, dass auch bei männlichen Schweinen weibliche Geschlechtsorgane entstehen.

Genveränderung per CRISPR/Cas-System

Die Wissenschaftler nutzten dazu das CRISPR/Cas-System, auch bekannt als Genschere, mit dem sie die HMG-Domäne ("High Mobility Group") des Y-Chromosoms deaktivieren. Die Eber bleiben dadurch genetisch männlich, können aber äußerlich und anhand der inneren Organe nicht von weiblichen Schweinen unterschieden werden.

Unterschiede sind nach neun Monaten zwischen „echten“ weiblichen Schweinen und den gentechnisch veränderten Ebern lediglich dadurch äußerlich sichtbar, dass die Geschlechtsorgane signifikant kleiner bleiben.

Außerdem sind die gentechnisch veränderten Eber unfruchtbar, können also trotz der vorhandenen weiblichen Geschlechtsorgane keine Kinder gebären. Dies zeigt laut den Forschern, dass an der Ausdifferenzierung der Geschlechtsorgane weitere Gene beteiligt sein müssen.

Kein Einsatz in der Fleischproduktion

Derzeit handelt es sich laut Petersen bei dem Projekt noch um Grundlagenforschung. Ein zeitnaher Einsatz in der Schweineproduktion ist vor allem aufgrund des Gentechnik-Gesetzes ausgeschlossen.

Björn Petersen: „Generell haben wir schon auch Ideen oder Strategien, wie sowas auch in der Zucht eingesetzt werden könnte.“

Möglich wäre laut den Wissenschaftlern zum Beispiel eine Veränderung des Y-Chromosoms bei Ebern, die dazu führt, dass die Tiere ausschließlich weibliche Nachkommen zeugen können.

Der Deutsche Tierschutzbund e. V. lehnt das Verfahren hingegen prinzipiell ab. Laut den Tierschützern kann der Ebergeruch in der ohnehin umstrittenen Schweinemast auch durch die unkompliziertere und verträglichere Immuno-Kastration verhindert werden.

PNAS, doi: 10.1073/pnas.2008743118

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