Asteroideneinschlag

Rätsel der Mondseiten entschlüsselt?

Robert Klatt

Mondhemisphären )senoJ ttaM(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Die Mondhemisphären unterscheiden sich stark voneinander
  • Eine Simulation zeigt, dass dafür ein Asteroideneinschlag verantwortlich sein könnte
  • Dieser hat zu einer stärkeren Mantelkonvektion und einer radioaktiven Aufheizung des Mondes geführt

Die Mondhemisphären unterscheiden sich stark voneinander. Eine neue Simulation liefert nun eine Erklärung für dieses Rätsel der lunaren Geologie.

Providence (U.S.A.). Die starken Unterschiede der Mondhemisphären gehören zu den größten Rätseln der Astronomie. Die von der Erde abgewandte Seite des Mondes besitzt eine dicke, sehr alte Kruste, die der Erde zugewandte Seite ist dünner und mit dunkler, erstarrter Lava bedeckt. Überdies besitzt die Kruste der Vorderseite einen hohen Anteil von Seltenerdelementen, Kalium, Phosphor und radioaktivem Thorium.

Wie der Vulkanismus auf der Mondvorderseite und das dortige KREEP-Terrain entstanden sind, ist in der Forschung umstritten. Einige Planetenforscher haben die Theorie geäußert, dass die Gravitation der Erde die Krustenunterschiede ausgelöst hat. Andere Wissenschaftler haben hingegen die Meinung, dass ein Einschlag auf der uns zugewandten Mondseite die Unterschiede ausgelöst hat.

Erklärung für Unterschiede der Mondhemisphären

Ein Team der Brown University hat nun eine alternative Erklärung für die Unterschiede der Mondhemisphären publiziert. Die Wissenschaftler um Matt Jones analysierten dazu das mehr als 2.000 Kilometer große Südpol-Aitken-Becken, den größten Einschlagskrater des Erdtrabanten. Dieser entstand vor etwa 4,3 Milliarden Jahren, als der Mond von einem etwa 100 Kilometer großen Asteroiden getroffen wurde. Das Südpol-Aitken-Becken liegt gegenüber dem KREEP-Terrain.

„Wir wissen, dass große Einschläge wie am Südpol-Aitken-Becken eine Menge Hitze erzeugen. Die Frage ist, wie diese Hitze die Dynamik des Mondinneren beeinflusst hat“, erklärt Jones. Wie die Wissenschaftler im Fachmagazin Science Advances publiziert haben, haben sie deshalb die Effekte der Kollision mittels geophysikalischer Modelle rekonstruiert.

Thermische Anomalie im lunaren Mantel

Sie konnten so ermitteln, dass „der Südpol-Einschlag eine thermische Anomalie im lunaren Mantel verursacht hat, die die Entwicklung des Mondinneren hunderte Millionen Jahre lang prägte.“ Demnach verursacht der Asteroid eine Hitzewelle, die durch das Mondinnere auch die gegenüberliegende Seite, also die Region des KREEP-Terrains, erreichte.

„Dieser Hitzeschwall löste Strömungen im Mondmantel aus, die KREEP- und titanreiche Magma-Kumulate mitrissen und zur uns zugewandten Mondseite schwemmten“, so die Autoren. Dabei sind Elemente und Mineralien der Hitzeströmung gefolgt. Laut den Simulationen reichte die Hitze des Einschlags sowie die anschließende Mantelkonvektion für die Elementanreicherungen im KREEP-Terrain aus.

Vulkanismus als Spätfolge des Asteroiden

Zudem könnte der Asteroideneinschlag auch den lunaren Vulkanismus ausgelöst haben. „Unter allen plausiblen Bedingungen jener Zeit wurden durch dieses Ereignis auch hitzeerzeugende Elemente auf der Mondvorderseite konzentriert“, erklärt Jones. Dies könnte in Kombination mit der Mantelkonvektion und der radioaktiven Aufheizung des Mondes für hunderte Millionen Jahre eine große Hitze im oberen Mondmantel ausgelöst haben.

Somit könnte heißes Magma aufsteigen und große Eruptionen auslösen. „Die ersten Marebasalte der uns zugewandten Mondseite brachen rund 200 Millionen Jahre nach dem Einschlag aus, etwa 500 bis 700 Millionen Jahre später folgte dann die intensivste Phase des Mare-Vulkanismus“, berichten die Autoren.

Kettenreaktion durch Einschlag auf dem Mond

Die Rekonstruktion belegt somit laut den Forscher, dass die geochemischen Anomalien des KREEP-Terrains und das Südpol-Aitken-Becken miteinander verknüpft sind. Beide könnte durch eine Kettenreaktion entstanden sein, die durch den Einschlag des Asteroiden ausgelöst wurde.

„Wie das KREEP-Terrain entstand, ist sicher eine der bedeutsamsten offenen Fragen der Mondforschung. Und der Einschlag, der das Südpol-Aitken-Becken schuf, ist eines der bedeutsamsten Ereignisse der Mondgeschichte. Unsere Arbeit bringt nun beides zusammen und liefert ziemlich spannende Ergebnisse“, konstatiert Jones.

Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.abm8475

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