Robert Klatt
Kosmische Strahlung erzeugt unter der Oberfläche von Himmelskörpern Partikel, die komplexe außerirdische Lebensformen mit Energie versorgen könnten. Auf Planeten und Monden könnten also Mikroben in Zonen leben, die bisher bei der Suche nach Außerirdischen kaum berücksichtigt wurden.
Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate). Alle Lebensformen benötigen eine Energiequelle, etwa die Sonne, die die Energie für die Photosynthese bereitstellt, oder die Nahrung, deren chemische Energie Menschen und andere Tiere durch die heterotrophe Chemotrophie nutzen. Forscher der University of Rhode Island (URI) haben außerdem entdeckt, Mikroben in der tiefen Biosphäre Radioaktivität als Energiequelle nutzen. Bei ihrer 2021 erfolgten Publikation haben sie zudem postuliert, dass außerirdisches Leben unter ähnlichen Bedingungen existieren könnte.
Forscher der New York University Abu Dhabi (NYUAD) haben nun eine Studie publiziert, laut der kosmische Strahlung Lebensformen unter der Oberfläche von Planeten und Monden in unserem Sonnensystem als Energiequelle dienen könnte. Die hochenergetischen Teilchen aus dem Weltraum können in bestimmten Umgebungen demnach nicht nur ungefährlich sein, sondern auch das Überleben von Mikroorganismen ermöglichen. Die Studie stellt also die Annahmen infrage, wonach Leben nur dort existieren kann, wo vulkanische Wärme oder Sonnenlicht vorhanden ist.
„Leben könnte an viel mehr Orten überleben, als wir je für möglich hielten.“
Laut der Publikation im Fachmagazin International Journal of Astrobiology haben die Wissenschaftler untersucht, was passiert, wenn die energiereichen Partikel der Weltraumstrahlung auf unterirdisches Wasser oder Eis treffen. Die Analyse zeigt, dass bei der Kollision Wassermoleküle gespalten und Elektronen freigesetzt werden. Dieser Radiolyseprozess erlaubt es Mikroben, auch ohne Sonnenlicht bei absoluter Radiolyse zu überleben.
Anschließend haben die Forscher mit einer Simulation untersucht, wie viel Radiolyse die Radiolyse auf dem Mars sowie auf den vereisten Monden des Jupiters und Saturn freisetzen würde. Laut den Ergebnissen hat der Saturnmond Enceladus das höchste Potenzial für Außerirdische, die ihre Energie durch die Radiolyse erhält, gefolgt vom Mars und dann vom Jupitermond Europa.
„Diese Entdeckung verändert unser Verständnis davon, wo Leben existieren könnte. Statt nur nach warmen Planeten mit Sonnenlicht zu suchen, können wir nun auch kalte, dunkle Orte in Betracht ziehen, vorausgesetzt, es gibt dort unterirdisches Wasser und kosmische Strahlung. Leben könnte an viel mehr Orten überleben, als wir je für möglich hielten.“
Die Forscher haben zudem die sogenannte „Radiolytische Habitable Zone“ definiert. Es handelt sich dabei um einen Bereich auf einem Planeten oder Mind mit unterirdischem Wasser, das durch die kosmische Strahlung aktiviert werden kann. Weil die Strahlung im gesamten Universum existiert, könnte es deutlich mehr potenziell lebensfreundliche Orte geben, als die Astronomie bisher angenommen hat. In Zukunft könnten Wissenschaftler deshalb Lebensformen nicht mehr nur auf Oberflächen suchen, sondern auch in unterirdischen Bereichen.
International Journal of Astrobiology, doi: 10.1017/S1473550425100025