Frühes Universum

Existierten in Kugelsternhaufen Riesensterne mit 10.000 Sonnenmassen?

 Robert Klatt

Kugelsternhaufen M80 )ASAN(Foto: © 

Die massereichsten aktuellen Sterne haben etwa 200 Sonnenmassen. Im frühen Universum gab es jedoch Riesensterne die deutlich über dem Massenlimit lagen und zur Bildung von Kugelsternhaufen beigetragen haben.

Barcelona (Spanien). Im heutigen Weltraum wiegen die massereichsten Sterne etwa 200 Sonnenmassen. Laut gängigen Theorien der Astronomie gab es in der Frühzeit des Universums noch deutlich größere Sterne, die bis zu 10.000 Sonnenmassen erreicht haben. Diese Riesensterne sollen durch ihren Sternenwind und ihre Supernovae schwere Elemente freigesetzt haben, aus denen anschließend Planeten entstanden sind.

In der Wissenschaft ist es jedoch umstritten, ob die Sterne während der sogenannten kosmischen Morgendämmerung tatsächlich diese hohe Masse erreicht haben. Die enorme Masse setzt voraus, dass die Sterne sich in ihrer Wachstumsphase in einer extrem dichten, gasreichen Umgebungen befanden, in der sie ausreichend Material anziehen konnten. Es ist denkbar, dass ein solcher Prozess in dichten Gaswalken abgelaufen ist.

Riesensterne in Kugelsternhaufen

Laut Forschern der Universität Barcelona spricht die ungewöhnliche Elementverteilung im Zentrum von Kugelsternhaufen zudem dafür, dass es im frühen Kosmos auch in ihnen Riesensterne gab. Die hohe Temperatur im Zentrum der Kugelsternhaufen zeigt, dass in ihnen Objekte existiert haben müssen, in denen die Wasserstofffusion bei einer größeren Hitze stattgefunden hat als in den größten aktuellen Sternen. Riesensterne mit 1.000 bis 10.000 Sonnenmassen könnten eine so hohe Temperatur erzeugen.

„Die beobachteten Werte ähneln den Überresten des Wasserstoffbrennens bei extrem hohen Temperaturen von 50 bis 80 Millionen Grad. Das ist weit heißer als im Kern der normalen Kugelsternhaufensterne.“

Die Astronomen haben mit einem komplexen Modell untersucht, ob die bekannten Mechanismen der Sternbildung die Entstehung solcher Riesensterne in Kugelsternhaufen ermöglichen und ob die Bedingungen in den Gaswolken, aus denen die Kugelsternhaufen entstanden sind, dafür geeignet waren.

Sterne über dem Masselimit

Laut den Ergebnissen des Modells können durch das komprimierte Gas Riesensterne entstehen, die das bisher angenommene Massenlimit deutlich übertreffen. Die enorme Masse der Protosterne führt jedoch dazu, dass diese in ihrem Frühstadium unter ihrer eigenen Gravitation kollabieren.

„Aber nach diesem anfänglichen Kollaps kann der Stern weiterwachsen. Das Massenreservoir erstreckt sich über eine turbulente und nicht gravitativ gebundene Region, die weit größer ist als der prästellare Kern.“

Innerhalb der ausgedehnten Gaswolke sorgen starke Gasströmungen und überschallschnelle Winde dafür, dass der Protostern ausreichend Material für sein Wachstum erhält. Der Jungstern kann dadurch den nach außen wirkendem Strahlungsdruck durch die Kernfusion überwinden und immer mehr an Masse gewinnen. Die Gasströme sorgen parallel dazu dafür, dass immer mehr Material in das Zentrum der Gaswolke gelangt, wo sich dadurch weitere Sterne bilden können.

Die Studie zeigt somit, dass Jungsterne in frühen Galaxien über dem Massenlimit liegen konnten, dass diese Riesensterne zur Entstehung von Kugelsternhaufen geführt und sie die ungewöhnliche Elementverteilung in den Kugelsternhaufen verursacht haben.

„Wir haben damit jetzt ein Modell, das uns einen natürlichen Bildungsweg für solche Riesensterne in massereichen Sternhaufen zeigt. Es verknüpft die Entstehung der Kugelsternhaufen mit den chemischen Signaturen, die wir noch heute in ihnen finden.“

Wie die Autoren erklären, ist das Ergebnis zudem relevant, weil die Kugelsternhaufen des frühen Universums als Grundlage für die ersten Galaxien gelten. Es ist denkbar, dass auch die Milchstraße aus einem Kugelsternhaufen entstanden ist.

Quelle:

Pressemitteilung der Universität Barcelona

Studie im Fachmagazin Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, doi: 10.1093/mnras/staf1314

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