Robert Klatt
Deutsche Verbraucher sind überzeugt, dass die Ökobilanz heimischer Lebensmittel deutlich besser ist als die von Importen aus EU- und Nicht-EU-Ländern. Tatsächlich sind die importierten Lebensmittel in vielen Fällen aber umweltfreundlicher, etwa weil keine beheizten Gewächshäuser für deren Produktion nötig sind.
Göttingen (Deutschland). Die Ökobilanz unterschiedlicher Lebensmittel unterscheidet sich stark voneinander. Laut einer Studie des Bard College sind die CO₂-Emissionen von Rindfleisch beispielsweise bis zu 40-mal höher als bei anderen Proteinquellen. Forscher der Georg-August-Universität Göttingen haben nun untersucht, wie Verbraucher in Deutschland die Ökobilanz von Paprika, Äpfeln und Rindfleisch aus Deutschland, Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) und Nicht-EU-Ländern einschätzen.
Laut den Antworten der rund 1.000 Umfrageteilnehmer werden vor allem heimische Lebensmittel aus Deutschland als besonders umweltschonend wahrgenommen. Die Verbraucher sind der Ansicht, dass ein Lebensmittel umso umweltschädlicher ist, je weiter entfernt es produziert wurde.
Die geschätzte Umweltbelastung von Paprika lag auf einer Skala von 0 bis 100 bei Paprika aus Deutschland im Mittel bei 32,7, während Paprika aus Spanien (49,5) und Marokko (55,1) als deutlich umweltschädlicher eingestuft wurden. Bei Äpfeln aus Deutschland (23,7), Italien (45,7) und Chile (59,5) sowie Rindfleisch aus Deutschland (50,2), den Niederlanden (56,6) und Argentinien (60,9) waren die Einschätzungen der Verbraucher ähnlich.
„Die Daten zeigen ein klares Muster. Importierte Lebensmittel, besonders aus Nicht-EU-Ländern, werden als deutlich umweltschädlicher wahrgenommen. Dabei können sie ähnlich oder sogar umweltfreundlicher sein als Produkte aus näherer Umgebung.“
Die Forscher der Universität Göttingen erklären jedoch, dass die reale Umweltbilanz von importierten Lebensmitteln oft besser ist, obwohl beim Transport CO₂-Emissionen anfallen. Als Beispiel nennen sie Paprika, die in Spanien in unbeheizten Gewächshäusern angebaut werden können, während die Gewächshäuser in Deutschland für das Gemüse energieintensiv beheizt werden müssen.
„Es kann viele Vorteile haben, heimische Produkte zu bevorzugen. Umweltfreundlichkeit zählt aber nicht immer dazu. Hier lohnt es sich, genauer hinzuschauen.“
Weil die Auswirkungen des Transports von vielen Verbrauchern falsch eingeschätzt werden und es für Laien schwer ist, die realen Umweltauswirkungen eines Produkts zu beurteilen, sprechen sich die Forscher für klarere Umweltlabel an. Diese sollen dabei helfen, Kaufentscheidungen zu vereinfachen, indem sie die Umwelt- und Klimaauswirkungen verdeutlichen.
„Die Herkunftsangabe allein reicht nicht, um nachhaltige Entscheidungen zu fördern. Stattdessen braucht es Informationen, die reale Auswirkungen sichtbar machen, etwa durch Klima- oder Umweltlabel.“
Quellen:
Pressemitteilung der Georg-August-Universität Göttingen
Studie im Fachmagazin Food Quality and Preference, doi: 10.1016/j.foodqual.2025.105718