Biofouling

Rädertierchen zerkleinern Plastik zu Nanopartikeln

Robert Klatt

Rädertierchen mit Plastik im Verdauungstrakt )kcotS ebodAegnaL .N .rD(Foto: © 

Plastik wird in der Natur zu kleinsten Partikeln zersetzt. Nun wurde entdeckt, dass Rädertierchen diesen Prozess stark beschleunigen.

Qingdao (China). Mikro- und Nanoplastik belastet inzwischen nahezu alle Ökosystem der Erde, darunter auch den über 9.000 Meter tiefen Kurilengraben. Mikroplastik sind Partikel mit einer Größe von etwa einem bis fünf Mikrometern. Nanoplastik umfasst Partikel, die kleiner als ein Mikrometer sind. Aufgrund ihrer geringeren Größe haben Nanopartikel im Verhältnis eine größere Oberfläche, was sie reaktiver und potenziell schädlicher für die Umwelt macht.

Der Prozess, bei dem sich Mikroplastik in noch kleinere Nanometerpartikel zersetzt, dauert normalerweise mehrere Jahre. Dieser Vorgang wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, darunter physische Abnutzung, chemische Reaktionen, Hitze und Sonnenlicht, das laut einer Studie der Woods Hole Oceanographic Institution (WHOI) bis zu 15.000 wasserlösliche Substanzen aus Plastik löst.

Biofouling beschleunigt Plastikzersetzung

Die Plastikzersetzung wird zudem durch Biofouling beeinflusst. Es handelt sich dabei um einen Prozess, bei dem Unterwasserstrukturen von Mikroorganismen besiedelt werden. Eine Studie der Ocean University of China hat den Vorgang nun im Detail untersucht.

Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Nanotechnology nutzten die Forscher dazu Rädertierchen, die sowohl im Meer als auch in Süßwasser verbreitet sind und über einen ausgeprägten Kaumagen verfügen. In diesem zerkleinern sie ihre Nahrung, wie Algen oder organische Reste, mit kieferartigen Strukturen aus harten Einzelteilen. Von den weltweit etwa 2000 bekannten Rädertierchen-Arten leben viele in gemäßigten und tropischen Zonen, also in Regionen mit hoher Mikroplastikbelastung.

Das von Jian Zhao geleitete Team setzte Mikroplastik in verschiedenen Größen (5, 10, 20 und 30 Mikrometer) in Behältern mit verschiedenen Rädertierchen ein. Nach einer gewissen Zeit wurden die Tiere mikroskopisch untersucht und Wasserproben analysiert. Es stellte sich heraus, dass die Rädertierchen vorrangig die fünf oder zehn Mikrometer.

Mikroplastik statt Nahrung

Es scheint, dass die untersuchten Tiere die Mikroplastikpartikel häufig mit ihrer eigentlichen Nahrung verwechseln. Im Verdauungstrakt der Tiere konnten die Wissenschaftler später eine Vielzahl an Nanopartikeln feststellen. Diese wurden schließlich vom Organismus der Rädertierchen verarbeitet und als fragmentiertes Mikroplastik ausgeschieden, ohne sich im Körper anzusammeln.

Ein einzelnes Rädertierchen ist in der Lage, täglich über 350.000 Nanopartikel aus Plastik zu produzieren. Aufgrund ihrer hohen Anzahl tragen Rädertierchen weltweit zur massiven Erzeugung von Nanoplastik bei. Für den Poyang-See in China, den größten Süßwassersee des Landes mit einer Fläche von fast 3700 Quadratkilometern, berechnete das Team, dass dort täglich mehr als 13 Billiarden solcher Partikel entstehen.

Hochgerechnet auf alle Ozeane und Binnengewässer, in denen Mikroplastik und Rädertierchen vorkommen, ist die Anzahl der täglich entstehenden Nanoplastikpartikel beeindruckend. Um das volle Ausmaß der Umwandlung von Mikro- zu Nanoplastik durch diese kleinen Organismen abschätzen zu können, sind weitere Analysen, auch unter Einbeziehung anderer Arten, erforderlich.

Nature Nanotechnology, doi: 10.1038/s41565-023-01534-9

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