Künstliche Seen

Klimawandel - Biber beschleunigen Abtauen von Permafrostböden

 Robert Klatt

Biberdamm in Alaska )tutitsnI-renegeW-derflAeztiN ramgnI(Foto: © 

Biber legen künstliche Seen an, die das Auftauen von Permafrostböden beschleunigen. Die tierischen Landschaftsarchitekten könnten dadurch den Klimawandel beschleunigen.

Bremerhaven (Deutschland). Die Hauptursache des Klimawandels ist laut der wissenschaftlichen Lehrmeinung die vom Menschen verursachte stetig zunehmende CO2-Konzentration in der Atmosphäre. Inzwischen hat die Erderwärmung aber auch zu weiteren selbstverstärkenden Prozessen und Dominoeffekten geführt, die unter anderem kühlende Meereswolken zerstören und die Phytoplankton-Verteilung in den Ozeanen verändern.

Ein weiterer Risikofaktor, der den Klimawandel nochmals signifikant beschleunigen könnte, ist das drohende Abtauen der Permafrostböden in den arktischen Regionen. Im dortigen Eis sind große Mengen Biomasse vorhanden, deren Zersetzung durch die niedrigen Temperaturen noch verhindert wird. Durch den Klimawandel kommt es jedoch zu einem immer tieferen und längerem Auftauen der Böden und somit zu weiteren Methan- und Kohlendioxid-Emissionen.

Verbreitungsgebiete der Biber werden größer

Einer der Hauptfaktoren für das Auftauen der Permafrostböden sind Gewässer. Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Potsdam haben deshalb untersucht, ob Biber in ihrem Lebensraum durch das Anlegen neuer Seen das Abtauen der Permafrostböden und damit den Klimawandel beschleunigen.

Biber bevölkern das untersuchte Ökosystem in Alaska schon seit Urzeiten, durch die Klimaerwärmung hat die Populationsdichte und die nördliche Grenze der Verbreitungsgebiete aber deutlich zugenommen. Ermöglicht wurde dies durch Pflanzen, deren nördliche Verbreitungsgrenze durch den Klimawandel ebenfalls verschoben wird und die den Bibern dort als Nahrungsquelle dienen. Außerdem nutzen die Tiere das Pflanzenmaterial zum Blockieren von Flüssen und erschaffen dadurch künstliche Seen mit oft beachtlicher Größe.

Laut Ingmar Nitze, Co-Autor vom AWI „wussten die Wissenschaftler natürlich, dass sich die Biber in Alaska in den letzten Jahrzehnten kräftig ausgebreitet haben.“ Sie haben laut Nitze „aber nicht erwartet, dass sie die günstigeren Lebensbedingungen so intensiv nutzen würden.“ Analysiert wurde die Veränderung der Landschaften durch Biber laut der im Fachmagazin Environmental Research Letters publizierten Studie anhand von hochauflösenden Satellitenaufnahmen.

Biber erkennen gute Baugebiete

Exemplarisch verdeutlichen die Wissenschaftler den Bauboom der Biber an einem rund hundert Quadratkilometer großen Gebiet an der Westküste Alaskas nahe der Stadt Kotzebue. 2002 waren in dieser Region lediglich zwei Biberdämme vorhanden, 2019 waren es bereits 98. Laut Nitze „sehen die Studienautoren ein exponentielles Wachstum, dass ungefähr alle vier Jahre zu einer Verdoppelung dieser Strukturen führt.“

Wie Studie Benjamin Jones von der University of Alaska in Fairbanks erklärt, „suchen die Nagetiere dazu Bereiche, die sie besonders leicht unter Wasser setzen können, wie Becke, die früher schon einmal Wasser enthielten aber trockengefallen sind.“ Laut Jones „haben die Tiere intuitiv herausgefunden, dass das Aufstauen der Abflusskanäle an den Stellen der ehemaligen Seen eine effiziente Methode ist, um Lebensraum zu schaffen. So entsteht ein neuer See, der den Permafrost im Becken abbaut, was zusätzlich dazu führt, dass die Tiefe des künstlichen Wasserkörpers zunimmt.“

Ähnliches Verhalten ist laut Forschern auch in anderen Regionen außerhalb von Alaska sehr wahrscheinlich. Weitere Studien sollen deshalb die komplette Arktis untersuchen. Nitze erklärt, dass „zum Beispiel in Kanada die Zuwächse wahrscheinlich noch größer sind.“ Die Wissenschaftler konstatieren daher, dass es wichtig ist die Aktivitäten der Biber genau zu beobachten, um die Zukunft des Permafrost abschätzen zu können.  

Environmental Research Letters, doi: 10.1088/1748-9326/ab80f1

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