Robert Klatt
In Mittel- und Nordeuropa nimmt die Häufigkeit und Intensität von Hitzewellen durch den Klimawandel zu. Eine neue Studie zeigt nun, dass dafür nicht nur die höheren Temperaturen, sondern auch Bodendynamiken verantwortlich sind.
Hamburg (Deutschland). Der Klimawandel sorgt dafür, dass Hitzewellen global häufiger auftreten und noch heißer werden. Laut einer Studie der Universität Hamburg (UHH) kann dies auch eine sofortige sofortiger CO₂-Neutralität nicht stoppen, aber deutlich reduzieren. Nun haben Forscher des Earth and Society Research Hub (ESRAH) der UHH eine neue Studie publiziert, laut der das Auftreten von Hitzewellen in Europa, also auch in Deutschland, durch die globale Erwärmung und natürliche Schwankungen des Klimasystems zunehmend schlechter vorhergesagt werden kann.
„Europa ist ein echter Brennpunkt. Die Intensität von Hitzewellen steigt hier drei- bis viermal schneller als in anderen Regionen der nördlichen Hemisphäre.“
In der Wissenschaft ging man bisher davon aus, dass die zunehmende Häufigkeit und Intensität von Hitzewellen vor allem auf die höheren Durchschnittstemperaturen zurückgehen. Die neue Studie zeigt nun, dass auch die zunehmenden Dynamiken des Klimasystems dazu beitragen.
„Jetzt sehen wir, dass sich auch die inneren Dynamiken des Klimasystems verändern, und das kann die Hitze zusätzlich anfachen.“
Die Analyse offenbart, dass das Klima in Mittel- und Nordeuropa instabiler ist und dass Hitzewellen plötzlicher und heftiger auftreten. Dies liegt vor allem an der Bodenfeuchtigkeit, die in Ländern wie Deutschland, Polen, Tschechien und Dänemark im Sommer durch den Klimawandel öfter feucht und trocken wechselt. Wenn der Boden ausreichend nass ist, kühlt er die Luft ab und reduziert das Risiko einer Hitzewelle. Sobald der Boden ausgetrocknet ist, nimmt die Verdunstung ab und die Oberfläche heizt stark auf.
„Wir beobachten diese Veränderungen bereits in Mitteleuropa. Die letzten Sommer waren ungewöhnlich trocken, und die Hitzewellen traten heftiger und unregelmäßiger auf genau das Muster, das unsere Modelle für die kommenden Jahrzehnte vorhersagen.“
In anderen Regionen, etwa in Spanien, Italien und Griechenland, sind die Böden hingegen während des gesamten Sommers so stark ausgetrocknet, dass sie nahezu keinen Einfluss auf die Atmosphäre haben. In den Sommermonaten verdunstet dort schlicht kaum Wasser, was die lokale Lufttemperatur beeinflussen könnte. Die Temperatur ist dadurch permanent höher als in Mittel- und Nordeuropa, das Klimasystem ist aber aufgrund der kaum vorhandenen Temperaturschwankungen stabiler.
„Wenn der Boden noch reagieren kann, wird die Atmosphäre unruhig. Ist er jedoch völlig ausgetrocknet, stabilisiert sich das System allerdings auf sehr hohem Temperaturniveau. Deshalb erlebt Mitteleuropa nun jene chaotischen Sommer, die früher typisch für den Süden waren.“
Die Studie basiert auf detaillierten Datensätzen von rund 250 Klimasimulationen, von fünf großen internationalen Forschungsprojekten aus Deutschland, Frankreich, Kanada, Japan und Australien. Die Forscher konnten dadurch erstmals die Effekte der natürlichen Schwankungen des Klimasystems von den Effekten der klimawandelbedingten Erderwärmung trennen.
„Wir bringen zwei Welten zusammen, das Wissen über Bodendynamiken und die moderne Klimamodellierung. Zum ersten Mal können wir die theoretischen Mechanismen tatsächlich in den Modellen sichtbar machen.“
Um die Auswirkungen präzise zu untersuchen, haben sie den langfristigen Erwärmungstrend aus den Klimamodellen entfernt und die verbleibenden Schwankungen analysiert. Sie konnten dadurch belegen, dass die Schwankungen umso stärker zunehmen, je stärker die Temperatur der Erde steigt.
Die Studie belegt somit, dass die Anpassungen an die Auswirkungen des Klimawandels nicht nur auf den steigenden Durchschnittstemperaturen basieren sollten, sondern dass Länder wie Deutschland von größeren Unvorhersehbarkeiten beim Auftreten von Hitzewellen ausgehen müssen.
„Ein Sommer kann vergleichsweise mild ausfallen, während der nächste plötzlich neue Hitzerekorde bricht. Die Schwankungen selbst werden zu einem Risiko.“
Quellen:
Pressemitteilung der Universität Hamburg (UHH)
Studie im Fachmagazin Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-025-65392-w