Kondensation

Neue Technik gewinnt ohne Energiezufuhr Wasser aus der Luft

Robert Klatt

Wassergewinnung per Kondensation aus der Luft )hciruZ HTErelhcäH nawI(Foto: © 

Eine neue Technologie gewinnt ohne Energiezufuhr auch in sehr warmen Regionen der Erde Trinkwasser aus der Luft. Dies funktioniert, weil eine neue Beschichtung die Kondensationsfläche stark abkühlt.

Zürich (Schweiz). Sauberes Trinkwasser kann in vielen Regionen der Erde nur mit hohem Aufwand und unter großem Energieeinsatz gewonnen werden. Während in Küstenregionen hauptsächlich die Entsalzung von Meerwasser zur Erzeugung von Trinkwasser benutzt wird, erfolgt die Wassergewinnung im Landesinneren oft über die Kondensation von Luftfeuchtigkeit. Dies erfolgt mithilfe einer energieaufwändigen Kühltechnik. Die Forschung hat außerdem sogenannte Passivtechnologien wie Absorbersysteme oder Tau-sammelnde Folien entwickelt, die keine Energie benötigen. Diese Technologien können bisher aber nur in der Nacht Wasser aus der Luftfeuchtigkeit gewinnen. Am Tag verhindert die Hitze hingegen bei diesen Passivtechnologien, dass Kondensation stattfinden kann.

Wissenschaftler der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) haben nun im Fachmagazin Science Advances eine neue Technologie vorgestellt, die es erstmals ermöglicht, ohne Energiezufuhr bei realistischen Luftfeuchtigkeitsbedingungen auch bei glühendem Sonnenschein Wasser aus der Luft zu gewinnen.

Beschichtung verhindert Aufheizung des Systems

Im wesentlich besteht das neue System aus einer speziell beschichteten Glasscheibe, die die eigene Wärme effektiv abstrahlt und die einfallende Sonnenstrahlung reflektiert. Die Glasscheibe erreicht so eine Temperatur, die 15 Grad Celsius unterhalb der Umgebungstemperatur liegt. Durch die hohe Temperaturdifferenz kondensiert auf der Unterseite Luftfeuchtigkeit zu winzige Wassertröpfchen. Laut dem Team um Iwan Hächler gleicht der Prozess der Kondensation, die im Winter an kalten Fensterscheiben erfolgt.

Die neue Beschichtung besteht aus Polymeren sowie Silber. Diese Materialien sorgen dafür, dass die Scheibe in einem bestimmten Wellenlängenbereich Infrarotstrahlung abgibt, der weder von der Atmosphäre absorbiert noch von den molekularen Bestandteilen der Luft zur Scheibe zurückreflektiert wird. Hinzukommt ein kegelförmiger Strahlungsschutzschild, der die Wärmestrahlung der Luft und die Sonneneinstrahlung zu großen Teilen von der Scheibe abschirmt, dabei aber nicht die Wärmeabstrahlung und somit die Kühlung verhindert.

Wasserausbeute mehr als verdoppelt

Außerdem besitzt auch die Unterseite der Kondensationsscheibe, auf der die Wassertropfen entstehen, eine besondere superhydrophobe, also extrem wasserabstoßende, Beschichtung. Diese sorgt dafür, dass das kondensierte Wasser von ihr abperlt. „Wir kommen dadurch im Gegensatz zu anderen Technologien wirklich ohne jegliche zusätzliche Energie aus, was ein entscheidender Vorteil ist“, erklärt Hächler. Bei bisherigen Technologien muss das kondensierte Wasser hingegen von der Oberfläche abgestreift werden. Es verbleibt ansonsten ein Teil der Tröpfchen auf der Kondensationsfläche und reduziert dadurch die Ausbeute.

In einem Test unter realen Bedingungen konnte die neue Technologie pro Fläche und Tag mindestens zweifach so viel Wasser gewinnen wie die besten aktuellen Folien-Passivtechnologien. Eine größere Anlage würde laut einer Modellrechnung unter idealen Bedingungen pro Quadratmeter Scheibenfläche rund 53 Milliliter Wasser pro Stunde erzeugen. Weil die Herstellung der beschichteten Scheiben relativ einfach ist, könnte das System vor allem in vor allem in Entwicklungsländern mit Wasserknappheit die Versorgung signifikant verbessern.

Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.abf3978

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