CO2Rail

Eisenbahnwaggons entfernen Kohlendioxid aus der Atmosphäre

Robert Klatt

CO2Rail )liaR2OC(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Ein Eisenbahnwaggon mit integriertem Direct Air Capture (DAC) System kann während der Fahrt Kohlendioxid (CO₂) aus der Luft entfernen
  • Der dazu benötigte Strom wird über Solarzellen und per Rückgewinnung von Bremsenergie (Rekuperation) erzeugt
  • Ein Waggon kann jährlich 3.000 bis 6.000 Tonnen CO2 filtern und für die Endlagerung verflüssigen

Ein neuer Eisenbahnwaggon mit integrierter Direct Air Capture (DAC) Anlage kann günstig und stromsparend CO₂ aus der Atmosphäre entfernen.

Houston (U.S.A.). Direct Air Capture (DAC), also großtechnische Anlagen zur Abscheidung von Kohlendioxid (CO₂) aus der Luft, sind laut vielen Wissenschaftlern essenziell, um den Klimawandel zu stoppen. Alle bisher entwickelten DAC-Methoden sind aber teuer und benötigen sehr viel Energie, um die Luft anzusaugen und um das Treibhausgas wieder vom Absorptionsmittel zu trennen.

Das Start-up CO2Rail hat nun gemeinsam mit Forschern unterschiedlicher Universitäten eine deutlich günstigere und sparsamere Lösung vorgestellt. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Joule handelt es sich dabei um Eisenbahnen, die über den Fahrtwind mit Luft versorgt werden. Im Gegensatz zu stationären Anlagen, die Luft aktiv einsaugen müssen, reduziert dies den Stromverbrauch deutlich.

10.000 Kubikmeter Luft pro Minute

„Bei 111 Stundenkilometer Fahrtgeschwindigkeit könnte jede Öffnung mehr als 10.000 Kubikmeter Luft pro Minute in die Sammelkammer bringen“, erklären die Entwickler. Je nach Eisenbahnwagen sind eine oder mehrere Einlassöffnungen vorne am Dach vorhanden. In der Sammelkammer fließt die Luft anschließend durch eine Filtereinheit, in der ein flüssiger oder fester Absorber das CO₂ entfernt und bindet.

Um das Gas aus der Luft abzuscheiden, schließt der CO2Rail-Waggon seine Einlassöffnung. Dabei sinkt der Druck im Innenraum des Waggons. Anschließend wird das gebundene CO₂ durch elektrische Ladungen, Erhitzen oder Unterdruck aus dem Absorbermedium gelöst und komprimiert. Das verflüssigte CO₂ wird dann in einem Drucktank gespeichert, bis es in einen stationären Speicher umgelagert werden kann.

CO2Rail hat geringen Energiebedarf

Die Wiedergewinnung des CO₂ aus dem Filtermedium verursacht bei herkömmlichen DAC-Anlagen einen hohen Stromverbrauch. Bei Nutzung von Strom aus konventionellen Quellen entstehen dadurch also neue CO₂-Emissionen. Bei der Lösung von CO2Rail wird dies vermieden, weil der Zug nur selbst erzeugten Strom verwendet. Zusätzliche Emissionen fallen also nicht an.

Rekuperation und Solarzellen

Ermöglicht wird dies durch zwei Energiequellen. Wie auch der Infinity Train besitzen die Waggons von CO2Rail regenerativen Bremsen, die die Rückgewinnung von Bremsenergie (Rekuperation) ermöglichen.  „Jedes Bremsmanöver erzeugt dabei genug elektrischen Strom, um 20 durchschnittliche Haushalte einen Tag lang zu versorgen. Bisher geht diese enorme Menge an nachhaltig erzeugter Energie einfach ungenutzt verloren“, erklärt Eric Bachman, der CEO des Start-ups.

Als zweite Energiequelle verfügen die Züge über Solarzellen. Gemeinsam können beide Quellen bei einem Güterzug mit 67 Waggons maximal 36.500 Kilowattstunden Strom täglich produzieren. Der selbst erzeugte Strom könnte die DAC-Anlage damit komplett versorgen. „Wir schätzen die Effizienz je nach Abscheidungstechnik auf 267 bis 427 Kilowattstunden pro Tonne CO₂“, so Bachman.

Jährlich 3.000 bis 6.000 Tonnen CO₂ pro Waggon

Ein einzelner CO2Rail-Waggon könnte als Teil eines normalen Güterzugs jährlich zwischen 3.000 und 6.000 Tonnen CO₂ aus der Luft entfernen, ohne Strom aus externen Quellen zu benötigen. Würde man das System industriell skalieren, lägen die Kosten pro Entfernung Tonne CO₂ laut den Forschern bei etwa 50 US-Dollar. Bereits laufende stationäre Anlagen erzeugen deutlich höhere Kosten. „Die projizierten Kosten machen die Technologie nicht nur kommerziell umsetzbar, sondern sogar wirtschaftlich attraktiv“, erklärt Bachmann.

Zudem benötigen die CO2Rail-Waggons keine zusätzlichen Landflächen. „Jeder will etwas gegen die Klimakrise tun, aber keiner möchte dies in einem eigenen Vorgarten“, erklärt Geoffrey Ozin von der University of Toronto. Auch dieses Problem würde der Einbau in ohnehin rollende Züge vermeiden. „Die Infrastruktur dafür existiert schon. Man muss nur das bereits Vorhandene nutzen“, konstatiert Ozin.

Joule, doi: 10.1016/j.joule.2022.06.025

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