Robert Klatt
Etwa ein Prozent der älteren Erwachsenen hatte noch nie Sex. Nun wurde untersucht, wie sich ältere Jungfrauen von der Allgemeinbevölkerung unterscheiden.
Frankfurt am Main (Deutschland). Manche Menschen haben selbst als Senioren keinerlei sexuelle Erfahrung gesammelt. Forscher des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik (MPIEA) haben nun untersucht, ob und wie sich Erwachsene, die noch nie Sex hatten, von der Allgemeinbevölkerung unterschieden. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin PNAS haben sie für diese bisher größte Studie zu Menschen ohne sexuelle Erfahrung Daten von mehr als 400.000 Briten im Alter von 39 bis 73 Jahren untersucht. Rund ein Prozent der Probanden hatte laut eigenen Angaben noch nie Sex.
„Romantische und sexuelle Beziehungen sind oft eine wichtige soziale Stütze. Ihr Fehlen ist für Viele mit Einsamkeit, Angstzuständen, depressiven Gefühlen und vermindertem Wohlbefinden verbunden.“
Die Analyse offenbart, dass Jungfräulichkeit im höheren Alter durch ein komplexes Zusammenspiel aus genetischen, psychologischen und sozialen Faktoren zurückzuführen ist.
Laut den umfassenden Daten besitzen ältere Erwachsene ohne sexuelle Erfahrung im Mittel ein höheres formales Bildungsniveau. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung sind sie zudem einsamer, nervöser und unglücklicher und konsumieren seltener Alkohol und Drogen.
Bei Männern spielen zudem körperliche Merkmale eine große Rolle. Männer, die körperlich schwach sind, sind im höheren Alter deutlich öfter sexuell unerfahren. Zudem leben sie öfter in Regionen, in denen es nur wenige Frauen gibt.
„Wir erkennen hier eine Gruppe von Menschen, die tendenziell sozial eher zurückgezogen lebt und daher häufiger Schwierigkeiten hat, einen Partner zu finden.“
Die Forscher erklären, dass rund 15 Prozent der Unterschiede in der lebenslangen Sexlosigkeit durch genetische Faktoren erklärt werden können, vor allem durch Gene, die mit der Intelligenz und Entwicklungsstörungen zusammenhängen. Weil die Sexlosigkeit im höheren Erwachsenenalter durch mehrere Faktoren ausgelöst wird, gibt es aber keine Jungfräulichkeitsgene.
„Am auffälligsten ist die Überschneidung mit genetischen Faktoren, die mit Intelligenz, Bildung und neurologischen Entwicklungsstörungen wie Autismus zusammenhängen.“
PNAS, doi: 10.1073/pnas.2418257122