Risikoeinschätzung

Weshalb treffen intelligentere Menschen oft bessere Entscheidungen?

 Robert Klatt

Intelligente Menschen können Risiken und Wahrscheinlichkeiten besser einschätzen )kcotS ebodAonigmarb(Foto: © 

Menschen mit einem hohen IQ können Wahrscheinlichkeiten deutlich besser einschätzen und machen seltener Fehler. Ihre Entscheidungen sind außerdem konsistenter und führen öfter zu positiven Ergebnissen.

Bath (England). Der Intelligenzquotient (IQ) eines Menschen hat einen großen Einfluss auf sein Leben. Forscher des Berlin Institute of Health (BIH) der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben etwa 2023 entdeckt, dass intelligentere Menschen „langsamer“ denken und dadurch weniger Fehler machen. Nun haben Wissenschaftler der University of Bath eine Studie publiziert, laut der Menschen mit einem höheren Intelligenzquotienten (IQ) Wahrscheinlichkeiten realistischer einschätzen können und dadurch fundiertere Entscheidungen treffen. Ein hoher IQ hilft also dabei, die Zukunft besser prognostizieren zu können und ist dadurch ein Vorteil in vielen Lebensbereichen.

„Die Studie legt nahe, dass bestimmte genetische Eigenschaften, die mit Intelligenz und Bildung zusammenhängen, zu präziseren Einschätzungen führen. Das deutet darauf hin, dass eine geringere kognitive Fähigkeit tatsächlich kausal mit verzerrten Beurteilungen verknüpft sein könnte.“

Laut der Publikation im Journal of Personality and Social Psychology basiert die Studie auf Daten der English Longitudinal Study of Ageing (ELSA), einer Langzeitstudie, die untersucht hat, wie gut Menschen ihre individuelle Lebenserwartung einschätzen können. Im Rahmen der Studie haben die Probanden ihre individuellen Überlebenswahrscheinlichkeiten bis zu einem gewissen Alter eingeschätzt. Anschließend wurde die subjektive Einschätzung mit der offiziellen, statistischen Lebenserwartung verglichen. Die Forscher haben dabei Einflussfaktoren wie den Gesundheitszustand, den Lebensstil und die familiäre Langlebigkeit berücksichtigt.

Intelligenzquotient (IQ) der Probanden

Neben dem IQ der Probanden haben die Forscher auch genetische Marker, die mit Intelligenz und Bildungsniveau korrelieren, untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass Menschen mit einer höheren kognitiven Leistungsfähigkeit deutlich besser mit Unsicherheit umgehen und Wahrscheinlichkeiten realistischer einschätzen können. Personen mit einem sehr niedrigen IQ im untersten 2,5 %-Perzentil machen demnach bei Vorhersagen im Mittel mehr als doppelt so große Fehler wie Menschen mit einem hohen IQ im obersten 2,5 %-Perzentil.

Konsistentere Entscheidungen durch hohe Intelligenz

Die Daten zeigen zudem, dass Menschen mit einer hohen Intelligenz nicht nur genauere , sondern auch konsistentere Entscheidungen treffen. Ihre Einschätzungen sind also sowohl im positiven als auch im negativen seltener fehlerhaft, und sie schätzen Risiken und Chancen systematischer ein als Personen mit einer geringeren kognitiven Leistungsfähigkeit.

„Die Fähigkeit, Wahrscheinlichkeiten für gute und schlechte Ereignisse realistisch einzuschätzen, ist entscheidend für gute Entscheidungen. Nahezu jede Entscheidung, sei es die Gründung eines Unternehmens, eine Investition, das Überqueren einer Straße oder die Partnerwahl, beruht auf der Einschätzung von Wahrscheinlichkeiten.“

Laut den Wissenschaftlern erklären die neuen Ergebnisse auch, wieso Menschen mit einem eher geringen IQ in vielen Lebensbereichen schlechter abschneiden.

„Der IQ ist bereits als Prädiktor für Gesundheit, Einkommen, Berufserfolg und Bildung bekannt. Unsere Studie zeigt nun einen weiteren möglichen Mechanismus auf, warum Menschen mit niedrigerem IQ in all diesen Bereichen tendenziell schlechter abschneiden.“

Als Reaktion auf die Studienergebnisse sprechen sich die Forscher dafür aus, bei gesundheits- und finanzrelevanten Informationen klare Wahrscheinlichkeiten anzugeben, anstatt zu erwarten, dass diese von Laien selbst geschätzt werden. Menschen mit einem eher geringen IQ könnten dadurch besser vor systematischen Fehleinschätzungen geschützt werden.

„Die Einschätzung zukünftiger Ereignisse beeinflusst maßgeblich Entscheidungen im Alltag – etwa wie viel jemand spart, wann er in Rente geht oder ob er investiert. Wenn diese Erwartungen fehlerhaft sind, kann das zu schlechten finanziellen Entscheidungen führen, was sich negativ auf das persönliche Wohlbefinden und letztlich auch auf das Wirtschaftswachstum auswirkt.“

Journal of Personality and Social Psychology, doi: 10.1037/pspp0000567

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