Robert Klatt
Eine Berliner Mietwohnung mit kaum noch begehbaren 50 Quadratmetern Wohnfläche wird zum Ausgangspunkt einer ungewöhnlichen Untersuchung. Was auf den ersten Blick wie eine extreme Unordnung erscheint, lässt sich mit Modellen zu pathologischem Horten und Hoarding Disorder erstaunlich genau beschreiben. Behörden, Sozialpsychiatrischer Dienst und spezialisierte Entrümpelungsfirmen mussten zeitgleich eingreifen, um Brandlast, Schädlingsbefall und statische Belastungen zu bewerten. Die Fallanalyse zeigt, wie eng psychische Faktoren, Wohnungsverwahrlosung und rechtliche Fragen der Haushaltsauflösung miteinander verknüpft sind.
Berlin (Deutschland). Die Bezeichnung Messiwohnung wird in Deutschland vor allem für Wohnungen verwendet, in denen sich Gegenstände, Verpackungen und Abfälle über Jahre ansammeln, bis zentrale Funktionen wie Schlafen, Kochen oder die Nutzung des Badezimmers kaum noch möglich sind. Fachlich wird häufig von pathologischen Horten oder Wohnungsverwahrlosung gesprochen, wenn die Menge an gelagerten Objekten die Wohnfläche so stark blockiert, dass Türen nicht mehr vollständig zu öffnen sind, Heizkörper, Steckdosen oder Fenster verdeckt werden und der Fußboden nur noch in schmalen Trampelpfaden sichtbar bleibt.
Laut den Experten von tiptop-haushaltsaufloesung.de in Berlin treten solche extremen Wohnsituationen besonders häufig in anonymen Mietshäusern auf, in denen Nachbarn das Ausmaß lange nicht wahrnehmen. Schätzungen aus Bevölkerungsstudien deuten darauf hin, dass ein relevanter Anteil der Menschen Schwierigkeiten beim Wegwerfen von Dingen hat, während nur ein kleinerer Teil den Schweregrad einer klinisch manifesten Hoarding Disorder erreicht, bei der Wohnräume großflächig unbenutzbar werden und die Lebensführung deutlich beeinträchtigt ist.
Seit der Einstufung von Hoarding Disorder als eigenständige Diagnose in modernen Klassifikationssystemen der Psychologie wird die Messiwohnung nicht mehr nur als Ausdruck von Unordnung oder Willensschwäche interpretiert, sondern als komplexes Störungsbild mit kognitiven, emotionalen und sozialen Komponenten. Frühe fachliche Arbeiten, etwa die Studie A cognitive-behavioral model of compulsive hoarding, beschreiben ein Zusammenspiel aus Entscheidungsunsicherheit, perfektionistischen Standards und einem stark erhöhten emotionalen Wert, der selbst alltägliche Gegenstände nahezu unverzichtbar erscheinen lässt.
Epidemiologische Erhebungen zeigen, dass Symptome häufig bereits im Jugendalter beginnen und sich über Jahrzehnte verstärken, bis Wohnungen im mittleren oder höheren Lebensalter strukturell nicht mehr funktionsfähig sind. In Berlin verschärfen hoher Mietdruck, begrenzte Wohnflächen und ein angespannter Wohnungsmarkt die Situation, weil Vermieter, Nachbarn und kommunale Dienste früher oder später mit extremen Fällen von Wohnungsverwahrlosung konfrontiert werden. Die Frage, wie sich eine Messiwohnung wissenschaftlich beschreiben, gesundheitlich bewerten und rechtlich handhaben lässt, gewinnt dadurch an gesellschaftlicher Bedeutung.
Berliner Messiwohnungen als klinisches und soziales Phänomen
Im klinischen Sprachgebrauch beschreibt eine Messiwohnung einen Wohnraum, dessen Nutzung durch Anhäufung von Gegenständen und Abfällen auf oft mehr als 30 Quadratmetern Fläche massiv eingeschränkt ist. Charakteristisch sind enge Trampelpfade von wenigen Dezimetern Breite, in denen sich Bewohner zwischen kniehohen Stapeln aus Papier, Kleidung, Elektroschrott und Haushaltswaren bewegen. In Berlin berichten Fachkräfte aus der Wohnungswirtschaft von Fällen, in denen sich mehrere Tonnen Material in einer Einzimmerwohnung ansammeln und im Zuge einer Entrümpelung in Containern abtransportiert werden. Für Betroffene bleibt die Wohnung trotz sichtbarer Beeinträchtigungen häufig der zentrale Schutzraum, in dem Erinnerungen, Identität und Sicherheitsgefühle buchstäblich in Objekten gespeichert werden. Angehörige und Vermieter erleben dieselbe Messiwohnung dagegen vor allem als Gefährdung der Bausubstanz, als Quelle unangenehmer Gerüche und als Auslöser von Konflikten in der Hausgemeinschaft, wenn Flure, Treppenhäuser oder Balkone zunehmend als Lagerflächen genutzt werden.
In der Versorgungspraxis zeigt sich, dass eine Messiwohnung selten ein isoliertes Problem bleibt. Zunächst werden häufig Ordnungsamt oder Gesundheitsamt aktiv, wenn Geruchsbelästigungen, sichtbarer Schimmel oder Schädlingsbefall gemeldet werden, und ziehen den Sozialpsychiatrischen Dienst hinzu, sobald der Verdacht auf eine zugrunde liegende psychische Störung besteht. Dieser koordiniert Hausbesuche, Risikoabschätzungen und gegebenenfalls Hilfsangebote wie ambulante Wohnbegleitung oder längerfristige Psychotherapie. Studien zu psychischen Erkrankungen wie Depressionen, bei denen bildgebende Verfahren nachweisen, dass Psychotherapie die Hirnstruktur verändern kann, verdeutlichen, dass auch bei pathologischem Horten Veränderungen im Gehirn durch systematische Behandlung möglich sind.
Für die Behörden in Berlin bleibt dennoch die Herausforderung, zwischen tolerierbarer Unordnung, beginnender Wohnungsverwahrlosung und einer akuten Gefährdungslage zu unterscheiden. Erst wenn nachweislich Gefahr für Leib und Leben, erhebliche bauliche Schäden oder eine deutlich erhöhte Brandlast bestehen, lassen sich Eingriffe wie Zwangsräumung und angeordnete Haushaltsauflösung rechtlich legitimieren.
Diagnostische Kriterien und Modelle des pathologischen Hortens
Aus diagnostischer Sicht beruht pathologisches Horten auf klar definierten Kriterien. Zentral ist eine anhaltende Schwierigkeit, sich von Dingen zu trennen, unabhängig vom tatsächlichen oder finanziellen Wert. Die Betroffenen erleben starke innere Anspannung, wenn sie Gegenstände weggeben sollen, und entwickeln ausgeprägte Zweifel daran, ob der jeweilige Gegenstand nicht doch noch benötigt werden könnte. Gleichzeitig führt das Sammeln dazu, dass Wohnbereiche nicht mehr bestimmungsgemäß genutzt werden können, etwa wenn auf einem Herd keine Kochvorgänge mehr möglich sind oder das Bett als Ablagefläche dient.
Epidemiologische Untersuchungen, zusammengefasst in Übersichtsarbeiten wie Epidemiology of hoarding disorder, schätzen die Prävalenz von Hoarding Disorder in der Allgemeinbevölkerung grob auf 1,5 bis 6 Prozent. Auffällig ist, dass erste Symptome im Mittel in der frühen Jugend auftreten, während die klinisch sichtbare Messiwohnung häufig erst Jahrzehnte später entsteht, wenn sich über lange Zeiträume angesammelte Objekte auf mehreren Dutzend Quadratmetern verdichtet haben.
Theoretische Modelle versuchen zu erklären, wie sich aus einer zunächst begrenzten Sammelleidenschaft die extreme Situation einer Messiwohnung entwickeln kann. Kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze gehen davon aus, dass mehrere Faktoren zusammenwirken: Betroffene überschätzen den zukünftigen Nutzen von Objekten, erinnern sich nur unscharf daran, was sie bereits besitzen, und empfinden das Sortieren als kognitiv überfordernd. Gleichzeitig werden Gegenstände mit biografisch bedeutsamen Ereignissen verknüpft, sodass Wegwerfen sich wie ein Verlust von Teilen der eigenen Identität anfühlt.
Neuropsychologische Testungen zeigen bei einem Teil der Betroffenen Auffälligkeiten in exekutiven Funktionen wie Planung, Inhibition und Arbeitsgedächtnis, häufig kombiniert mit Aufmerksamkeitsdefizitsymptomen. Komorbide Depressionen und Zwangssymptome können das Horten zusätzlich verstärken, weil Aufräumversuche mit Angst, Schuldgefühlen oder Entscheidungsblockaden einhergehen. Diese Mechanismen erklären, warum eine äußerlich lebensgefährliche Wohnsituation subjektiv als weniger bedrohlich erscheinen kann, als es Außenstehende wahrnehmen.
Wenn die Messiwohnung zur Gefahrenquelle wird: Risiken und Messgrößen
Neben psychischen Folgen erzeugt eine Messiwohnung physische Risiken, die sich messen lassen. Vermüllte Küchen bieten ideale Bedingungen für Schimmelpilze, Bakterien und Vorratsschädlinge wie Lebensmittelmotten, wenn offene Lebensmittel mit hoher Luftfeuchtigkeit und mangelnder Reinigung zusammentreffen. Untersuchungen in stark belasteten Haushalten zeigen erhöhte Konzentrationen von Feinstaub, Endotoxinen und allergenen Partikeln in der Raumluft, häufig bei gleichzeitiger Einschränkung der Lüftung durch zugestellte Fenster.
In Kombination mit elektrischen Geräten, die unter Textilien und Papierstapeln verschwinden, steigt die Brandlast, also die potenzielle Energie, die bei einem Brand freigesetzt werden kann. Feuerwehr und Bauaufsicht bewerten solche Wohnungen daher zunehmend nicht nur subjektiv, sondern anhand von Kenngrößen wie geschätztem Abfallvolumen, begehbarer Fläche und Zugänglichkeit der Fluchtwege. In dicht bebauten Berliner Mietshäusern stellt sich zusätzlich die Frage, ob ein einzelner vermüllter Haushalt die Brandschutzkonzepte des gesamten Gebäudes unterwandert.
Fachleute sprechen von Wohnungsverwahrlosung, wenn die hygienischen Zustände einer Wohnung dauerhaft so schlecht sind, dass sie deutlich vom üblichen Standard abweichen. Daraus ergibt sich nicht automatisch eine akute Infektionsgefahr für Nachbarn, weil viele Keime im Haushalt verbleiben. Entscheidend sind die kumulativen Belastungen für den Bewohner: erhöhtes Sturzrisiko durch verdeckte Stufen, chronische Atemwegsreizungen durch Schimmelsporen, Überlastung von Herz-Kreislauf- und Bewegungsapparat durch eingeschränkte Mobilität sowie ein erschwerter Zugang für Rettungsdienste, wenn Türen oder Fenster blockiert sind.
Gesundheitsämter in deutschen Großstädten wie Berlin berichten von Einsätzen, bei denen Rettungskräfte mehrere Minuten benötigen, um einen Patienten durch einen engen Gang aus Müllsäcken und Möbeln zu transportieren. Wird eine Messiwohnung schließlich im Rahmen einer akuten Haushaltsauflösung betreten, dokumentieren Einsatzkräfte häufig sensorische und biologische Befunde wie starken Ammoniakgeruch, Tierkadaver oder faulende Lebensmittel, die anschließend eine fachgerechte Entrümpelung, Desinfektion und teilweise den Ausbau belasteter Bauteile erfordern.
Haushaltsauflösung in Berlin: Ablauf, Akteure und offene Fragen
Wenn eine Messiwohnung in Berlin nicht mehr bewohnbar ist, erfolgt der erste strukturierte Schritt häufig über eine organisierte Haushaltsauflösung. Je nach Ausgangslage beauftragen Vermieter, Angehörige oder rechtliche Betreuer spezialisierte Unternehmen, die eine Vor-Ort-Besichtigung durchführen, den Zustand fotografisch dokumentieren und ein Volumen- und Gefahrenprofil erstellen. Typischerweise wird das Abfallaufkommen in Kubikmetern geschätzt, nach Wertstoffen, Restmüll und Sonderabfall sortiert und in Transportchargen geplant. In vielen Fällen liegen die Kosten einer kompletten Entrümpelung einschließlich Entsorgung, Desinfektion und einfacher Renovierung im Bereich mehrerer Tausend Euro pro Wohnung, abhängig von Grundfläche, Verschmutzungsgrad und vorkommenden Schadstoffen.
Parallel prüfen soziale Dienste, ob der Bewohner vorübergehend in einer anderen Unterkunft untergebracht werden muss und ob langfristige therapeutische Angebote gesichert sind. Ohne eine solche Anbindung besteht das Risiko, dass nach einer rein logistischen Räumung binnen weniger Jahre erneut eine Messiwohnung entsteht, weil die psychischen Ursachen der Hoarding Disorder unbehandelt bleiben.
Aus wissenschaftlicher Sicht wirft jede radikale Haushaltsauflösung die Frage nach nachhaltigen Versorgungsstrukturen auf. Viele Betroffene erleben die großflächige Entsorgung ihres Besitzes als traumatischen Einschnitt, insbesondere wenn sie nicht in alle Schritte einbezogen werden oder Verluste subjektiv als willkürlich empfinden. Psychotherapeutische Konzepte empfehlen deshalb, Aufräumprozesse mit verhaltenstherapeutischen Interventionen zu verknüpfen, bei denen der Bewohner aktiv Entscheidungen trifft und seine Belastung schrittweise steigert. In Berlin erproben einzelne Projekte, Aufräumteams und therapeutische Fachkräfte gemeinsam in Wohnungen einzusetzen, damit Entscheidungen über einzelne Gegenstände direkt vor Ort begleitet werden.