Robert Klatt
Ein höherer Mindestlohn führt aufgrund der Wechselwirkungen zwischen der Produktivität von Arbeitnehmern in unterschiedlichen Gehaltsstufen zu einem Rückgang der Produktivität und geringeren Einkommen in höheren Lohngruppen.
Mannheim (Deutschland). In Deutschland liegt der gesetzliche Mindestlohn aktuell bei 12,82 Euro pro Stunde. Er soll ab 2026 auf 13,90 Euro erhöht werden (+ 8,4 %). Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) würden davon rund 6,6 Millionen Arbeitnehmer profitieren, deren Nettolohn aktuell geringer ist. Ökonomen des ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung haben nun eine Studie publiziert, die untersucht hat, welche Auswirkungen diese Erhöhungen haben werden.
Um zu analysieren, welche wirtschaftlichen Schocks durch starke Lohnerhöhungen in Kombination mit gesetzlichen Lohnuntergrenzen entstehen, haben die Forscher umfangreiche Datensätze zur italienischen Metallindustrie aus dem Zeitraum 1995 bis 2015 analysiert. Diese Datensätze sind äußerst detailliert und ermöglichen es, historische Vorgänge auf die aktuelle Situation in Deutschland zu extrapolieren.
Die Analyse offenbart, dass höhere Mindestlöhne zu einem Verlust von Arbeitsplätzen im Niedriglohnbereich führen. Außerdem sinken die Einkommen von Arbeitnehmern in höheren Lohngruppen durch die Anhebung des Mindestlohns, und die Produktivität der Unternehmen und damit auch der gesamten Volkswirtschaft nehmen ab.
„Nationale und tarifliche Mindestlöhne sollen Beschäftigte mit niedrigem Lohn schützen. Bei wirtschaftlichen Schocks werden aber niedrigbezahlte Beschäftigte zuerst entlassen.“
Laut den Autoren sind für den Rückgang der Produktivität und die sinkenden Gehälter in höheren Lohngruppen Wechselwirkungen zwischen der Produktivität von Arbeitnehmern in verschiedenen Qualifikations- und Gehaltsklassen verantwortlich. Arbeitnehmer im Niedriglohnbereich verlieren bei einem höheren Mindestlohn demnach eher ihren Arbeitsplatz, weil ihre Arbeitskraft für die Unternehmen unmittelbar teurer wird. Der Stellenabbau in den unteren Gehaltsklassen führt jedoch dazu, dass die Produktivität sinkt, und dadurch sinken mittel- bis langfristig auch die Einkommen in den höheren Lohngruppen.