Einkommen

Deutschen Tarifbeschäftigten droht reales Lohnminus von 3,6 Prozent

Robert Klatt

Reallohnverlust durch Inflation )moc.yabaxipOn-urB(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • In Deutschland liegt die Inflation bei 7,5 Prozent. Bei Lebensmitteln (+14,4 %) und bei der Energie (35,7 %) steigen die Preise jedoch noch deutlich stärker.
  • Diese Entwicklung führt dazu, dass die Reallöhne vieler Tarifbeschäftigter deutlich sinken, weil die beschlossenen Erhöhungen der Tariflöhne die Inflation nicht ausgleichen können
  • Besonders im Niedriglohnbereich können sich viele Beschäftigte jedoch über steigende Reallöhne freuen

In Deutschland sinken aufgrund der hohen Inflation trotz der bereits beschlossenen Erhöhungen der Tariflöhne die Realeinkommen vieler Tarifbeschäftigter deutlich.

Düsseldorf (Deutschland). Laut Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) liegt die Inflationsrate aktuell in Deutschland bei 7,5 Prozent. In einigen Bereichen, etwa bei Lebensmitteln (+14,4 %), bei Baupreisen (18 %) und der Energie (35,7 %), sind die Preise im laufenden Jahr noch deutlich stärker gestiegen. Eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) zeigt nun, dass die bereits beschlossenen Erhöhungen der Tariflöhne um durchschnittlich 2,9 Prozent die Inflation nicht ausgleichen können. Abzüglich der Inflationsrate sinken die Einkommen von Tarifbeschäftigten demnach real um 3,6 Prozent.

„Nachdem die Tariflöhne in den 2010er Jahren real relativ deutlich zugenommen haben, drohen 2022 für viele Beschäftigte im zweiten Jahr in Folge Reallohnverluste“, erklärt derLeiter des WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulten.

Berücksichtigt sind in der Studie alle im ersten Halbjahr und im Vorjahr für das Jahr 2022 vereinbarten Tariferhöhungen.

Entlastungsmaßnahmen durch den Staat

Als Reaktion auf den Reallohnverlust verlangt das gewerkschaftsnahe Institut staatliche Hilfsmaßnahmen.

„Angesichts der vollkommen ungewissen Entwicklung des Ukrainekrieges und seiner wirtschaftlichen Folgen ist die Tarifpolitik allein in vielen Branchen überfordert, die Kaufkraftverluste der Beschäftigten auszugleichen. Hier sind zusätzliche Entlastungsmaßnahmen durch den Staat notwendig“, so Schulten.

Die Maßhalteappelle der Gewerkschaften kritisiert der Ökonom hingegen deutlich.

„Ein nüchterner Blick auf die Tarifdaten zeigt: Die vielbeschworene Lohn-Preis-Spirale ist eine Fata Morgana. Es besteht im Gegenteil die Gefahr, dass Reallohnverluste die private Nachfrage weiter schwächen und damit die wirtschaftliche Entwicklung zusätzlich beschädigen“, erklärt Schulten.

Reallohnzuwächse in einigen Branchen denkbar

In einigen Branchen kommt es laut der Studie trotz der hohen Inflation zu Reallohnzuwächsen. Besonders in klassischen Niedriglohnbranchen wie dem Gebäudereinigungshandwerk, dem Hotel- und Gaststättengewerbe und in der Zeitarbeit wurden demnach in den unteren Lohngruppen Tarifabschlüssen erzielt, die Erhöhungen des Gehalts in zweistelligen Prozentbereich vorsehen.

„Mit außergewöhnlich hohen Entgeltzuwächsen reagieren diese Tarifbranchen auf den zunehmenden Arbeits- und Fachkräftemangel. Zugleich nutzen sie die von der Bundesregierung beschlossene Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf zwölf Euro, um oberhalb dessen die tarifvertraglichen Entgeltstrukturen neu aufzubauen“, erklärt Schulte.

Im laufenden Jahr werden erhalten insgesamt etwa elf Millionen Beschäftigte Tariferhöhungen, die teilweise bereits 2021 und noch früher beschlossen wurden. Dazu gehören auch große Branchen wie der Einzelhandel und der öffentliche Dienst. Zudem erfolgten im zweiten Halbjahr weitere Tarifverhandlungen, die Beschäftigten in der Chemiebranche und der Metall- und Elektroindustrie höhere Löhne einbringen können.

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